Unsere politische Arbeit für
Bremen & Bremerhaven

EU Flagge weht am Mast

Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Die Linke

 

Die Kraft der europäischen Idee liegt in der Vielfalt, die sich in den Regionen entfaltet. Aus diesem Grund gibt es in der Europäischen Union Instrumente und Beteiligungsverfahren, die auch Regionen, Städte und Kommunen in Europa mitgestalten lassen. Je unmittelbarer der Einfluss und die Mitsprachemöglichkeit ist, desto besser lassen sich politische Vorhaben vor Ort vermitteln. Dadurch wird nicht nur die demokratische Legitimität europäischer Politik verbessert, sondern auch die inhaltliche Ausgestaltung.

2024 feierte der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) seinen 30. Geburtstag. Dank des AdR, in dem auch das Land Bremen vertreten ist, nehmen jedes Jahr Vertreter:innen der Regionen an vielen Beratungen auf europäischer Ebene teil und üben Einfluss auf die interinstitutionellen Entscheidungsabläufe aus. Davon unberührt stehen in Deutschland die verfassungsrechtlich abgesicherten Rechte der Länder bei der Mitwirkung an der europäischen Gesetzgebung. So ist die sub-nationale Ebene zum Beispiel für 90 Prozent der Maßnahmen für Klimaanpassung und für mehr als 50 Prozent der gesamten öffentlichen Investitionen in der EU zuständig. Sie ist somit ein integraler Bestandteil für das Gelingen des europäischen Projekts. Länder, Regionen und Kommunen können derzeit die Mittel der Kohäsionspolitik im Dialog mit der EU-Kommission auf regionale Bedürfnisse abstimmen. Dies ist insbesondere in föderalen Staaten wie Deutschland von Bedeutung, da hier eine enge Zusammenarbeit zwischen den Ländern mit ihren regionalen und lokalen Entscheidungsträger:innen und der EU besteht.

Innerhalb der neuen EU-Kommission gibt es nun im Rahmen des mehrjährigen Finanzrahmens von 2028 bis 2034 Überlegungen, unter anderem die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und die Regional- und Sozialfonds (Kohäsionspolitik) zusammenzulegen und unter eine zentrale nationale Verwaltung zu stellen. Die Erfahrungen der zentralisierten Mittelverwaltung bei der Aufbau- und Resilienzfazilität beweisen, dass ein solcher Ansatz mit der Gefahr von erheblichen Wirkungsverlusten einhergeht. Die Umsetzung dieser Idee würde bedeuten, dass die Länder und Regionen weniger unmittelbare Mitsprache auf europäischer Ebene hätten, während die Bundesregierung an Mitspracherechten hinzugewinnt. Das kann die Akzeptanz und Wahrnehmung von EU-Programmen vor Ort mindern und gefährdet den Zuspruch zur europäischen Zusammenarbeit sowie die Transparenz gegenüber den Bürger:innen. Es besteht das Risiko, dass etwa die Interessen ländlicher Räume gegen industrielle Zentren ausgespielt werden und die speziellen Belange einzelner Regionen oder Städte bezüglich der Ausgestaltung der Fonds nicht mehr berücksichtigt werden. Das höhlt die Zielsetzung der Kohäsionspolitik aus, deren Stärke, Europa auch im kleinen Zusammenhang gestaltbar zu machen, verloren geht. In Zeiten der wachsenden Politikverdrossenheit sind es aber gerade die konkreten und regionalen Bezüge europäischen Handelns und die Verbindungen zu politisch Verantwortlichen vor Ort, die das Vertrauen stärken und Europa zusammenhalten können. Kooperationen zwischen Regionen mehrerer Mitgliedsstaaten sollten in Zukunft daher nicht zurückgefahren, sondern im Gegenteil gestärkt werden. Programme wie INTERREG tragen dazu bei, durch Wissens- und Erfahrungsaustausch in den beteiligten Regionen Innovationsfähigkeit zu steigern und das europäische Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken.

Die Weiterentwicklung der europäischen Kohäsionspolitik ist entscheidend, um ihre Wirksamkeit zu steigern und den Zugang zu Fördermitteln für Regionen zu erleichtern. Eine Vereinfachung der Verfahren auch auf Basis der innerstaatlichen föderalen Strukturen kann dazu beitragen, administrative Zugangshürden abzubauen, Antragsprozesse zu beschleunigen und die Umsetzung europäischer Projekte vor Ort effizienter zu gestalten. Dafür sollten insbesondere die Potenziale der Digitalisierung genutzt werden, beispielsweise indem IT-Systeme zur Verwaltung der Mittel vereinheitlicht werden und die Nutzung für Stakeholder:innen verbessert wird (z.B. durch die Möglichkeit zur Einreichung von digitalen Belegen).

Zusammen mit allen Regionen in Europa muss es darum gehen, die Rolle der Städte und Regionen in der Konzipierung und Umsetzung der Fonds unter Beibehaltung der geteilten Mittelverwaltung zu stärken und die enge Zusammenarbeit mit der europäischen Ebene zu erhalten.

 

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

 

  1. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf nationaler und europäischer Ebene dafür einzusetzen, das Prinzip der geteilten Mittelverwaltung zwischen der EU und den Regionen in den Mitgliedstaaten beizubehalten und sich gegen Pläne einzusetzen, die im mehrjährigen EU-Finanzrahmen von 2028 bis 2034 eine Zusammenlegung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und der Regional- und Sozialfonds, auch bekannt als Kohäsionspolitik, vorsehen.
  2. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf nationaler und europäischer Ebene für eine auskömmliche Ausstattung und Weiterentwicklung der Kohäsionspolitik einzusetzen, mit dem Ziel, diese zu vereinfachen, effektiver zu gestalten und an neue Herausforderungen anzupassen. Dabei sollen insbesondere folgende Punkte berücksichtigt werden:
    1. Sicherung der Mitsprache der Länder und der Regionen und Erhöhung der Effizienz: Die Kohäsionspolitik sollte stärker auf spezifische Transformationsbedarfe der Regionen fokussiert werden, um Mittel gezielt einzusetzen;
    2. Auskömmliche Mittelausstattung der Programme;
    3. Förderung von Synergien: Eine bessere Abstimmung mit anderen EU-Programmen zur Innovationsförderung, Energiewende und Digitalisierung ist notwendig, um neue Ungleichheiten zwischen den Ländern und Regionen zu verhindern;
    4. Bessere Evaluierung: Finanzierungsentscheidungen sollten evidenzbasiert getroffen werden, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu erhöhen.

 

 

Antje Grotheer, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD

Dr. Emanuel Herold, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Cindi Tuncel, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion Die Linke