Antrag der Fraktion der SPD
Eine wichtige Voraussetzung und wesentlicher Katalysator für eine erfolgreiche Integration von Migrant:innen in den Arbeitsmarkt sind allgemeine und berufsbezogene Sprachkenntnisse. Laut Berechnungen aus einer IAB-SOEP-Migrationsstichprobe waren von den zwischen 2000 und 2014 eingewanderten Personen mit guten Sprachkenntnissen im ersten Jahr nach dem Zuzug rund 60 Prozent beschäftigt, von denjenigen mit schlechteren Deutschkenntnissen etwa 50 Prozent. Die Integration in den Arbeitsmarkt schafft Wertschätzung und ermöglicht Menschen gesellschaftliche Teilhabe. Zudem erfordert der Fachkräftemangel, der 2022 in Deutschland ein neues Rekordhoch erreicht hat, umfassende Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung.
Die Bundesregierung setzt seit 2018 verstärkt auf die Deutsch-Sprachförderung im Ausland, um die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften zu unterstützen. Nichtsdestotrotz ist es nicht allen Migrant:innen gleichermaßen möglich, bereits im Herkunftsland die jeweiligen Sprachkompetenzen zu erwerben.
Deswegen ist es bedeutend, denjenigen Zuwander:innen, die ohne oder mit geringen Kompetenzen in der deutschen Sprache nach Deutschland kommen, im Inland umfassende Möglichkeiten zum Erwerb der deutschen Sprache anzubieten.
Aktuell ist der Zugang zu kostenlosen Sprachkursen bundesweit beschränkt; damit stehen nicht allen Migrant:innen kostenlose Sprachkurse zur Verfügung. Davon betroffen sind mitunter auch internationale Studierende aus Nicht-EU/EWR-Staaten, die eine Aufenthaltserlaubnis zu Studienzwecken erhalten. Für Integrationskurse hingegen kann ein Antrag auf Befreiung vom Kostenbeitrag für Integrationskurse beim BAMF gestellt werden. Zudem können beispielsweise Nicht-EU-Bürger:innen, die ALG II beziehen, vom Jobcenter eine Berechtigung zur kostenlosen Teilnahme an einem Deutschkurs erhalten. Auch die Kostenbefreiung ist insofern komplex und schafft Hürden, an einem Deutschkurs teilzunehmen.
Diejenigen Zuwander:innen, deren Kurs nicht finanziert wird, erwarten teils hohe Kursgebühren und in einigen Fällen zusätzliche Kosten für extra zu absolvierende Sprachprüfungen und Sprachzertifikate, die von Arbeitgeber:innen oftmals vorausgesetzt werden. Die Kosten übersteigen nicht selten die jeweiligen finanziellen Möglichkeiten der Betroffenen. Die Stadt Wien hat beispielhaft einen Sprachgutschein eingeführt, um Menschen aus Drittstaaten einmalig mit 150 Euro bei der Finanzierung von Sprachkursen zu unterstützen.
Zudem stehen je nach Sprachniveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) nicht immer ausreichend zeitnahe und zur jeweiligen Lebenssituation passende Kursangebote zur Verfügung. Denn es ist z.B. aufgrund von Care-Arbeit nicht allen Migrant:innen gleichermaßen möglich, einen Sprachkurs in Vollzeit zu absolvieren. Mit dem Programm „Mama lernt Deutsch“ wurden in Bremen erste niedrigschwellige Angebote mit kurseigener Kinderbetreuung geschaffen.
Um den Spracherwerb weiter zu fördern und bessere Voraussetzungen für die Arbeitsmarktintegration von Zuwander:innen zu schaffen, soll das Land Bremen sich beim Bund dafür einsetzen, dass alle Menschen, die zukünftig nach Bremen und Bremerhaven zuwandern, unabhängig ihres Aufenthaltstitels bzw. unabhängig des Bezugs von Sozialleistungen die Chance erhalten, kurzfristig über ein Kursangebot kostenlos Deutsch zu erlernen und Sprachprüfungen abzulegen. Für einen einfachen unbürokratischen Zugang zu den Kursen soll ein entsprechendes Gutschein-Modell nach dem Vorbild der Bremer FreiKarte geprüft werden. Orientierung kann dabei auch der Wiener Sprachgutschein bieten, der eine Zertifizierung von Kursanbieter:innen voraussetzt. Dabei soll das Angebot jedoch für alle Zuwander:innen und nicht nur Zuwander:innen aus Drittstaaten gelten. Das Angebot an Kursen ist daran auszurichten, welches Sprachniveau im jeweils erlernten oder zu erlernenden Beruf vorausgesetzt wird.
Zudem ist vonseiten des Landes Bremen sicherzustellen, dass neben ausreichend Intensiv-/Vollzeitkursen auch genügend Kursangebote in Teilzeit und mit einer parallelen Kinderbetreuung vorgehalten werden. Darin inbegriffen sind auch Integrationskurse und Jugendintegrationskurse für nicht mehr schulpflichtige junge Menschen unter 27 Jahren mit wenig oder keinen Deutschkenntnissen. Es ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Kurse an verschiedenen Standorten auch außerhalb der Stadtzentren angeboten werden und damit für alle Bremer und Bremerhavener Bürger:innen gut zu erreichen sind. Zudem sollen diese Angebote auch online möglich sein.
Die Kompetenzermittlung und die erste Vermittlung geeigneter Kurse etc. soll perspektivisch im neuen Welcome Center erfolgen.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
Valentina Tuchel, Basem Khan, Volker Stahmann, Katharina Kähler,
Recai Aytas, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
SPD-Bürgerschaftsfraktion
Land Bremen
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