Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Eine wichtige Voraussetzung und wesentlicher Katalysator für eine erfolgreiche Teilhabe von Menschen mit Deutsch als Fremdsprache am Arbeitsmarkt sind Sprachkenntnisse in Deutsch. Demnach gelingt mit guten Sprachkenntnissen ein schnellerer und nachhaltiger Einstieg in Beschäftigung. Die Arbeitsmarktintegration schafft wiederum Wertschätzung und fördert weitere gesellschaftliche Teilhabe. Gute Sprachkenntnisse erhöhen zudem die Chancen sich fort- und weiterzubilden und somit nicht dauerhaft im gering qualifizierten Niedriglohnsektor festzustecken. Aufgrund des Fachkräftemangels sind der deutsche und somit auch der bremische Arbeitsmarkt sind auf qualifizierte migrantische Arbeitskräfte angewiesen. Über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) werden sowohl Integrationskurse als auch darauf aufbauende allgemeine Berufssprachkurse gefördert. 2023 wurden diese um sogenannte Job-Berufssprachkurse ergänzt. Während bisher die allgemeinen Berufssprachkurse erst den Spracherwerb und dann den Einstieg in den Beruf vorsehen, zielen die Job-Berufssprachkurse darauf ab, dass Menschen nach den Integrationskursen schnell in Arbeit finden und der weitere Spracherwerb ab den Sprachniveaus A2 und B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens berufsbegleitend erfolgt. Kurse umfassen im Vergleich zum allgemeinen Berufssprachkurs weniger Unterrichtseinheiten, sind berufs- oder tätigkeitsbezogen ausgerichtet und enden ohne Sprachzertifikat. Der Eigenanteil für Teilnehmende beläuft sich bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 20.000 Euro (40.000 Euro bei Ehepaaren) auf 384 Euro. Der Vorrang der Arbeitsmarktintegration darf nicht zulasten einer weiteren Sprachförderung gehen, sondern diese muss ein integraler Bestandteil der Berufstätigkeit werden. Beides muss sich gegenseitig befruchten, damit die Teilhabe am Arbeitsmarkt nachhaltig ist und sich die Beschäftigten schrittweise beruflich weiterentwickeln können.
Dass Teilnehmenden Kosten für einen Job-Berufssprachkurs entstehen, die zwar von den beschäftigenden Unternehmen übernommen werden können, aber nicht müssen, die Kurse meist außerhalb der Arbeitszeiten in der Freizeit wahrgenommen werden und Teilnehmende den Kurs ohne ein zum späteren Zeitpunkt womöglich nützliches Sprachzertifikat abschließen, stellen Hürden für eine Teilnahme an Job-Berufssprachkursen dar. Hier kommt es drauf an, auf Länderebene dafür zu sorgen, dass die erworbenen Qualifikationen im Anschluss gefestigt und zertifiziert werden können.
Bei den allgemeinen Berufssprachkursen wiederum behindert das derzeitige unzureichende Kursangebot die Teilnahme. So gibt es aktuell im Land Bremen kaum Angebote mit paralleler Kinderbetreuung. Zudem finden Kurse zum einen häufig zentrumsnah und zum anderen meist in Vollzeit und am Tag statt, was ein Hindernis für Erwerbstätige, insbesondere auch im Schichtdienst, oder Menschen in Care-Arbeit darstellt. Hiervon sind überproportional Frauen betroffen, was einen nachhaltigen Spracherwerb zusätzlich erschwert.
Zugunsten der Arbeitsmarktintegration und gesellschaftlicher Teilhabe von Migrant:innen, muss diesen die Möglichkeit eines umfassenden Spracherwerbs und damit die Teilnahme an der berufsbezogenen Deutschsprachförderung niedrigschwellig möglich sein. Dazu ist es notwendig, bei Berufssprachkursen sicherzustellen, dass diese zeitlich flexibler, auch in Teilzeit und zu Randzeiten sowie an Wochenenden, stattfinden und eine parallele Kinderbetreuung angeboten wird. Zusätzlich sollten sowohl Kurse in Präsenz als auch digitale Varianten angeboten werden. Weiterhin ist eine Bedarfsanalyse für Berufssprachkurse in den Bremer und Bremerhavener Stadtteilen durchzuführen, damit Kurse nicht nur in den Stadtzentren, sondern bedarfsorientiert wohnortnah stattfinden. Dafür kann es hilfreich sein, dass Räume für diese Kurse zur Verfügung stehen, die für die Träger:innen der Kurse möglichst ohne langfristige Verpflichtungen anzumieten sind. Hier stellt sich die Frage, ob Schulen in Bremen und Bremerhaven außerhalb der Unterrichtszeiten für Berufssprachkurse oder andere Einrichtungen in den Stadtteilen geöffnet werden können.
In Bezug auf die neuen Job-Berufssprachkurse sollen Gespräche mit den Kammern (Arbeitnehmerkammer, Handelskammer, Handwerkskammer und Berufskammern) geführt und beraten werden, wie Betriebe und Unternehmen ihre Beschäftigten mit Sprachförderbedarfen bei dem Wahrnehmen von Job-Berufssprachkursen unterstützen können, beispielsweise indem sie selbst oder in Kooperationen Job-Berufssprachkurse anbieten oder durch eine Beteiligung oder Übernahme des Eigenanteils ihrer Beschäftigten für die Teilnahme an Job-Berufssprachkurse und eine Freistellung für die Zeit der Teilnahme. Hier ist das Land Bremen in seiner Rolle als öffentlicher Arbeitgeber dahingehend mit gutem Beispiel vorangegangen und hat seinen Reinigungskräften dies bereits angeboten. Dies war aufgrund der derzeit bestehenden Angebotsstruktur der Job-Berufssprachkurse leider nicht erfolgreich. Bereits bestehende berufsbezogene Sprachlernangebote etwa bei den pädagogischen und pflegerischen sowie Gesundheits-Berufen müssen dauerhaft im erforderlichen Umfang sichergestellt und finanziert werden.
Um ein Anfangsniveau der deutschen Sprache zu erreichen, welches eine Arbeitsaufnahme und auch den weiteren Besuch eines (Job-)Berufssprachkurses ermöglicht, sind breit aufgestellte Integrationskurse unerlässlich. Die im Bundeshaushalt 2025 geplante Kürzung der Mittel für Integrationskurse von 1,1 Mrd. Euro auf 500 Mio. Euro produziert einen weiteren Flaschenhals beim dringend notwendigen Spracherwerb. Damit sind nicht nur neu ankommende Migrant:innen von langen Wartezeiten bedroht und die Integration in den Arbeitsmarkt, selbst auf niedrigem Qualifikationsniveau, wird unnötig verzögert.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
Valentina Tuchel, Basem Khan, Volker Stahmann,
Recai Aytas, Katharina Kähler, Medine Yildiz,
Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dariush Hassanpour, Cindi Tuncel, Maja Tegeler,
Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
Sahhanim Görgü-Philipp, Dr. Henrike Müller
und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
SPD-Bürgerschaftsfraktion
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