
Immer wieder wird – nicht nur von Vertretern der südlichen Bundesländer – die Selbstständigkeit Bremens hinterfragt. Und immer wieder werden dieselben, unsinnigen Argumente angeführt. Denn es gibt einen Haken an der Sache: Niemandem wäre durch eine Auflösung des Bundeslandes Bremen geholfen. Im Gegenteil: Wir kämpfen nicht um die Selbstständigkeit Bremens um ihrer selbst willen, sondern weil wir davon überzeugt sind, dass unsere zwei Städte im Chor der Bundesländer eine bedeutende Stimme haben müssen. Auch und insbesondere weil Bremen ein echter Leistungsträger ist – und zwar für die gesamte Bundesrepublik.
Zunächst einmal gilt: Das föderale System der Bundesrepublik lebt von seiner Vielfalt. Gerade die Stadtstaaten haben immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie aufgrund ihrer „Kleinheit“, der kurzen Wege und ihrer hohen Flexibilität eine ganz wichtige Funktion haben. So ist Bremen nicht nur mit seinen Häfen als Tor zur Exportwelt von enormer Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der gesamten Bundesrepublik. In vielen, ganz unterschiedlichen Feldern ist Bremen Vorreiter oder Vorbild für andere Länder: Ob mit dem Landesmindestlohngesetz, bei der Gleichstellung eheähnlicher Lebensgemeinschaften oder der Förderung kreativer Potentiale in Kultur und Wirtschaft.
Darüber hinaus garantiert die Selbständigkeit allen Bremerinnen und Bremern eine echte, direkte Beteiligung: Welcher Kultusminister eines Flächenlandes kümmert sich persönlich um Probleme in einer einzigen Schule? Welcher Bürger eines Flächenlandes kann seine Interessen und Vorschläge über eine Bürgerinitiative, im örtlichen Beirat oder über eine Petition so direkt einbringen wie hier in Bremen? Wo gibt es so kurze Wege, um bei Problemen Gehör zu finden? All das sind positive weitere Auswirkungen der Selbständigkeit unseres Bundeslandes, auf die keine Bremerin und kein Bremer verzichten will.
Und zudem rechtfertigt auch Bremens Wirtschaftskraft unseren eigenständigen Status: Bremen verfügt im Vergleich zu anderen Großstädten über eine hochmoderne, innovationsfähige Wirtschaftsstruktur, nicht nur der industrielle Sektor unserer Städte zählt derzeit zu den stärksten der Republik. Wenn die Verteilung der Steuereinnahmen der Wirtschaftskraft folgen würde, wäre Bremen kerngesund. Und auch wenn dieses Märchen gern erzählt wird: Bremen ist keinesfalls der Kostgänger der Republik, der nur durch die Zahlungen der übrigen Bundesländer überleben kann. Im Gegenteil: Unser Zweistädte-Staat ist äußerst leistungsfähig. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind wir seit Jahren Geberland in der bundesstaatlichen Finanzverteilung. Gemessen am Arbeitsort sieht es genauso aus: Die in Bremen beschäftigten Menschen zahlen mehr Geld in die Arbeitslosen- und Rentenversicherung ein, als im Gegenzug an die Weser zurückfließt.
Bremen hat kein Ausgabe- sondern in erster Linie ein Einnahmeproblem. Die Fakten: Zwei Fünftel – also 40 Prozent der in Bremen erarbeiteten Einkommensteuer fließen ins Umland und gehen dem kleinsten Bundesland als Einnahmen verloren. Denn vier von 10 unserer Arbeitsplätze sind mit Beschäftigten besetzt, die nicht in Bremen, sondern meist im niedersächsischen Speckgürtel rund um die Hansestadt wohnen – und dort auch ihre Lohnsteuer abführen. Zudem profitieren nicht nur die rund 120000 Pendler, die täglich zum Arbeiten nach Bremen kommen, sondern auch die Umlandgemeinden von unserer – mit Bremer Steuergeld finanzierten – Infrastruktur, ohne dass dafür ein Cent in die Bremer Staatskasse zurückfließt. Angefangen von den kostenintensiven Häfen über die Busse und Bahnen der BSAG, den Flughafen, die Universitäten und Krankenhäuser bis hin zum Bremer Kulturangebot: All das finanziert die Hansestadt auch für die Umlandgemeinden und die überregionale Wirtschaft mit, ohne dafür allerdings einen angemessenen finanziellen Ausgleich zu bekommen.
Fakt ist aber auch: Bremen muss sparen und seinen Beitrag zur Konsolidierung des Bundeslandes leisten. Deswegen haben wir uns die sogenannte Schuldenbremse auferlegt: Ab 2020 – so das große Ziel – wollen wir für den Haushalt des Zwei-Städte-Staates ohne neue Kredite auskommen. In Schritten von 120 Millionen senken wir seit 2011 unsere Neuverschuldung um ab 2020 die „Null“ zu erreichen. Der weitere Weg wird dabei nicht einfacher – aber im Gegenzug erhält Bremen bis 2020 jährlich 300 Millionen Euro zusätzlich von Bund und Ländern.
Dennoch wissen wir: Die Schuldenbremse allein wird unsere Probleme nicht lösen. Denn an dem Altschuldenberg und den daraus resultierenden Zinsen die auf Bremen lasten, ändern auch unsere Sparbemühungen nichts. Deshalb werden wir nicht müde, auch dafür eine konkrete Lösung zu fordern – denn dass Bremen allein diese, aus nicht selbstverschuldeten Gründen entstandenen Schulden, ablösen kann, ist schlicht nicht möglich.
Wir sagen daher eindeutig: Ja, wir werden das nötige und mögliche tun, um die Bremischen Kosten zu senken. Am Ende muss allerdings klar sein: Bei allen Sparbemühungen – wir brauchen eine länderübergreifende Antwort auf die Altschuldenfrage. Und bis 2020 gilt zudem: Die beschlossene Schuldenbremse muss auch eine Steuersenkungsbremse sein. Denn die Länder können die Haushalte nicht sanieren, wenn ihnen durch die Steuerpolitik des Bundes aufgrund sinkender Einnahmen der Boden unter den Füßen weggezogen wird.
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