Die SPD-Bürgerschaftsfraktion macht sich in Anbetracht zunehmender Gewaltdelikte für Videoüberwachung an Haltestellen im öffentlichen Nahverkehr Bremens und Bremerhavens stark. In Bremen soll die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) in die Lage versetzt werden, bestimmte Straßen- und Bushaltestellen, an denen Straftaten und Vandalismus konkret zu befürchten sind, Schritt für Schritt mit einer Überwachungsanlage auszustatten. Auch in der Seestadt soll Videoüberwachung an Bushaltestationen von BremerhavenBus das Sicherheitsempfinden der Menschen stärken.
Die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen dazu sollen alsbald geklärt werden, um die Ergebnisse bereits nach der Wahl in einen möglichen Koalitionsvertrag einfließen zu lassen. Bis zum Ende der kommenden Legislaturperiode sollen alle ausgewählten Haltestationen dann mit Videoüberwachung ausgestattet sein. Dies hat der Vorstand der SPD-Fraktion in einem Positionspapier beschlossen.
In einer Pressekonferenz am Mittwoch verwies der SPD-Fraktionsvorsitzende Mustafa Güngör darauf, dass erst am Sonntagabend vor einer Woche ein 33-Jähriger an der Haltestelle Domsheide in der Bremer City angegriffen und so schwer verletzte wurde, dass er in ein Krankenhaus gebracht werden musste.
Wegen solcher Straftaten wolle die SPD-Fraktion auf das Instrument der Videoüberwachung künftig nicht mehr nur innerhalb der Fahrzeuge des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den beiden Städten zugreifen. „Wir wollen es gezielt auch als Instrument nutzen, um potenzielle Täter im Umfeld der Haltestellen abzuschrecken, Straftaten und Vandalismus zu verhindern und die – gefühlte und tatsächliche – Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger weiter zu verbessern“, wie Güngör in einer Pressekonferenz am Mittwoch erläuterte. „Wir stehen in der Verantwortung und deshalb müssen wir hier handeln.“
Der Fraktionschef erklärte, die SPD habe dabei die Balance zwischen bürgerlichen Freiheitsrechten und polizeilichen Eingriffsrechten fest im Blick. Denn es gehe bei dem Vorstoß ausdrücklich nicht um eine willkürlich festgelegte Videoüberwachung, sondern um die gezielte Installation von Anlagen an Stationen, für die es eine objektiv begründbare Gefahrenlage gibt, also an sogenannten Hotspots.
Dies gelte etwa, wenn es im Haltestellenumfeld bereits konkrete Vorkommnisse wie Beschädigungen oder Übergriffe gab oder potenziell gefährliche Situationen feststellbar sind. „Diese Videoüberwachung wird einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger und nicht zuletzt auch der Beschäftigten der Nahverkehrsunternehmen leisten“, so Güngör.
Lenkeit: „Was in anderen Großstädten geht, das muss auch bei uns gehen“
Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Kevin Lenkeit, wies darauf hin, dass durch die bereits bestehende Videoüberwachung am Bremer Hauptbahnhof der Fahndungsdruck auf Kriminelle dort so sehr erhöht worden sei, dass diese sich zum Teil sogar freiwillig der Polizei stellen. Die live von der Polizei ausgewerteten Bilder ermöglichten den Beamtinnen und Beamten zudem ein schnelles Eingreifen, wenn es nötig ist.
Vor diesem Hintergrund sollen nach dem Willen der SPD die BSAG und BremerhavenBus mit den jeweiligen Polizeien nun umgehend eine Prioritätenliste abstimmen, welche Haltestellen in Bremen und Bremerhaven für die Überwachung in Angriff genommen werden. Diese soll grundsätzlich sowohl durch Echtzeitüberwachung als auch in Form einer vorübergehenden Speicherung möglich sein.
Dabei sei zu prüfen, ob die BSAG in Bremen selbst die Beobachtung der Echtzeitbilder in allen Fällen übernimmt, oder ob die Polizei die neuen Haltestellenbereiche – zusätzlich zur Überwachung am Bremer Hauptbahnhof – in ihre Videoleitstelle integrieren kann. Falls die Überwachung von der BSAG übernommen wird, solle technisch gewährleistet werden, dass sich die Polizei gegebenenfalls aufschalten kann, um auf kritische Situationen schnellstmöglich reagieren zu können. „In jedem Fall wollen wir dafür Sorge tragen, dass dafür ausreichend Personal zur Verfügung steht“, wie Lenkeit betonte.
Nach dem Dafürhalten der SPD kommen als „Hotspots“ zum einen die hochfrequentierten Haltestellen in den Innenstädten in Frage, in Bremen also zum Beispiel die Domsheide oder Am Brill, in Bremerhaven etwa der Hauptbahnhof. Zum anderen gehe es aber auch um Orte, an denen gerade wenige Passantinnen und Passanten verkehren und in deren Umfeld wenig Bebauung zu finden ist – etwa Endhaltestellen. Das mache sie oft zu Räumen einer gefühlten und auch tatsächlichen Gefährdungslage.
„Daher stellen wir uns vor, dass insbesondere auch Endstationen mit Videosystemen ausgestattet werden, die während der Betriebszeiten in Echtzeit überwacht werden können“, so der Innenexperte. „Das erhöht die Sicherheit der Fahrgäste, es erhöht aber auch die Sicherheit der Fahrerinnen und Fahrer, die dort ihre Fahrzeuge für eine Pause verlassen.“
Da bei der Umsetzung eine ganze Reihe rechtlicher wie auch praktischer Fragen zu klären seien, müsse dieses Vorhaben jetzt möglichst schnell angegangen werden, um zeitnah starten zu können. Dabei legt die SPD Wert darauf, auch die Landesdatenschutzbeauftragte schon früh in den Prozess einzubeziehen, um mögliche Schwierigkeiten zu erkennen. „Was in anderen deutschen Großstädten geht, das muss auch bei uns gehen“, ist sich Lenkeit sicher.
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