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Bremen & Bremerhaven

Aufbau eines Testzentrums für wasserstoffbetriebene Fahrzeuge

Nach coronabedingten Einbrüchen zieht der Welthandel, der zu rund 90 Prozent auf dem Seeweg erfolgt, wieder deutlich an. Dabei stoßen Frachtschiffe, wozu auch Container- und Autotransporter gehören, sowie Kreuzfahrtschiffe den ganz überwiegenden Anteil an CO2-Emissionen des gesamten Transportsektors aus. Allein in Europa entfallen auf Container- und Kreuzfahrtschiffe sowie Fähren nach Berechnungen von „Transport & Environment“ aus dem Jahr 2018 139 Millionen Tonnen CO2. Im deutschen Güterverkehr hat der Transport auf Straße, Schiene und per Küsten-/Binnen­schifffahrt einen Anteil von rund 20 Prozent an den CO2-Emissionen. Der größte Teil entfällt dabei auf den Straßengüterverkehr.

In einem ersten Schritt auf dem Weg zu klimaneutraler Schifffahrt und Logistik hat sich das Land Bremen früh auf den Weg gemacht, die bremischen Häfen und die Schifffahrt nachhaltiger zu gestalten. So hat Bremen als erster deutscher Hafenstandort 2009 eine Nachhaltigkeitsstrategie, die greenports-Strategie, erstellt. Als Teil der Strategie wurde ein anreizbasierter Environmental Ship Index (ESI), der Schiffe entsprechend ihren Abgasemissionen einstuft und Anläufe von emissionsarmen Schiffen rabattiert, eingeführt. Dieser wird stetig weiterentwickelt. Um Emissionen im Hafen zu reduzieren, setzt Bremen auch auf einen umfassenden Ausbau der Landstromversorgung. Bereits Ende 2023 – und damit deutlich vor der Pflicht aus dem European Green Deal – soll die bremische Hafeninfrastruktur komplett CO2-neutral sein.

Auf Seiten der Reedereien und Lkw- bzw. Nutzfahrzeugherstellern werden mittlerweile erste Anstrengungen erkennbar, um Lastkraftfahrzeuge sowie See- und Binnenschiffe emissionsarm bzw. emissionsfrei anzutreiben. So kündigte AP Møller-Maersk im August 2021 an, im ersten Quartal 2024 das erste einer Serie von acht großen Containerschiffen vorzustellen, die mit CO2-neutralem Methanol betrieben werden können. Entscheidend ist, dass die Containerschifffahrt insgesamt solche Schritte in Richtung emissionsärmerer Flotten geht. FAUN wird zukünftig in Bremen wasserstoffbetriebene Abfallsammelfahrzeuge und Großkehrmaschinen produzieren. Entscheidend ist, dass Transport und Verkehr insgesamt Schritte in Richtung emissionsarmer Flotten gehen.

Auch wenn die Brennstoffzellentechnologie in einigen Mobilitätsbereichen ausgereift ist (u.a. Flurförderfahrzeuge), so hat sie bei bestimmten Mobilitätanwendungen noch Entwicklungsbedarf. Zu nennen sind hier beispielsweise leichte und mittelschwere Nutzfahrzeuge, Baumaschinen und auch Komponenten für schwere LKW. Im Bereich „maritime Technologien/Schiffbau“ ist es zudem vielfach erforderlich, entsprechende Produktinnovationen nicht nur unter besonderen Bewegungsszenarien, sondern auch unter speziellen klimatischen Bedingungen (Luftfeuchtigkeit, Wärme und Kälte) zu testen. Hinzu kommt der große Bereich der Komponenten, angefangen von Brennstoffzellenstacks oder Tanksystemen bis hin zu Armaturen und vielen weiteren Komponenten rund um die Implementierung der Wasserstofftechnologie in wasserstoffbetriebenen (Nutz-)Fahrzeugen, der Schifffahrt, der Luftfahrt und weiteren Anwendungen. Um den aufgeworfenen Punkten zu begegnen, ist es erforderlich, in Bremerhaven nicht nur zu forschen, sondern Innovationen zu entwickeln, wissenschaftlich zu begleiten und bis zur Markreife zu optimieren. Dieses gilt insbesondere für den Bau von Prototypen und prototypischen Anwendungen. Um den technischen Reifegrad weiter auszubauen und um weiteres Know-how aufzubauen, ist der Aufbau einer Testzentrumsinfrastruktur daher zwingend erforderlich. Diese Testinfrastruktur wird in Ergänzung zum Technologie- und Innovationszentrum für mobile Wasserstoffanwendungen (ITZ Nord) entstehen. Kunden des zukünftigen Testzentrums sind u.a. Hersteller von Komponenten und (Teil-)Systemen der Wasserstofftechnologie in verschiedenen Mobilitätsbereichen, kleinere Fahrzeughersteller und -umrüster sowie die maritime Wirtschaft. Die intensive Erprobung der Teilsysteme und Prototypen im Industriemaßstab unter realen Bedingungen wird zu einem schnellen und effizienten Markteintritt führen und damit Unternehmen langfristig einen Wettbewerbsvorteil bringen und die lokale Wirtschaft stärken.

Durch die sehr hohen technischen Anforderungen der Wasserstofftechnologie stehen Hersteller und anwendende Unternehmen vor großen Herausforderungen. Um die Lücke bei Kenntnissen im Umgang mit neuen Technologien auf Wasserstoffbasis zu schließen, sollte in einem Testzentrum auch ein Schulungszentrum integriert werden. In diesem Schulungszentrum soll der Wissenstransfer auch zu den Technologieanwendern erfolgen, um den weitreichenden Einsatz von Wasserstoff in Fahrzeugen sowie in den komplexen Anwendungen der Schifffahrt und Luftfahrt zu ermöglichen.

Herzstück des Testzentrums soll ein 3D-Teststand für Mobilitätsanwendungen (sog. „Seegangsimulator“) werden, mit dem die Bewegungen eines Schiffes mit den sechs Freiheitsgraden im Seegang mechanisch nachstellen. Der Einsatz des Teststandes ermöglicht es neue Technologien unter nahezu realen Bedingungen (Klima und Seegang) zu testen und mit den Erkenntnissen weiterzuentwickeln, bevor sie auf einem Schiff installiert werden oder zeit- und kostenaufwendige Sea Trials durchgeführt werden. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf den Einsatz von Antriebssystemen auf Wasserstoffbasis gelegt werden, was bedeutet, dass besondere Anforderungen an die Sicherheit und den Explosionsschutz gestellt werden müssen. Der Simulator ist auch für Systeme aus anderen Branchen (z.B. Luft-/Raumfahrttechnik, Fahrzeugtechnik und Bautechnik) nutzbar. Der Simulator wird im Rahmen des Nordverbunds des Innovations- und Technologiezentrums Wasserstoff (ITZ Nord), der vom BMDV mit insgesamt 70 Millionen Euro gefördert wird, realisiert.

Mit dem Aufbau des anwendungsnahen Testzentrums soll die Kompetenz Bremerhavens im Bereich der Wasserstoffökonomie weiter gestärkt werden und Unternehmen, die in dem Bereich tätig sind, zu einer Ansiedlung in Bremerhaven bewegt werden.