Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und DIE LINKE
Mit der Reformierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) zum 1. Januar 2022 wurde nicht nur der Adressatenkreis auf alle Auszubildenden erweitert, sondern auch mehr Flexibilität während der Berufsausbildung in Teilzeit geschaffen. Die Änderung ist ein bedeutender Schritt, um noch mehr Menschen den Weg in eine Berufsqualifizierung zu ebnen. Insbesondere für Mütter, die noch immer deutlich mehr Anteile in der Versorgung von Kindern übernehmen, aber auch für andere Personengruppen, die Sorgearbeit übernehmen oder, wie im Fall vieler Geflüchteter, parallel einen Sprachkurs absolvieren müssen, ist eine Teilzeitberufsausbildung eine große Chance. Ebenso können gesundheitliche Belastungen und Beeinträchtigungen ein Faktor sein, der es Menschen schwer macht, bei voller Arbeitszeit eine Ausbildung auszuführen. Auch für sie ist eine Ausbildung mit reduzierter Stundenzahl von maximal 50 Prozent eines Vollzeitumfangs oftmals die einzige Möglichkeit beruflicher Teilhabe. Die Teilzeitberufsausbildung qualifiziert strukturell benachteiligte Personen nachhaltig und ermöglicht ihnen, gut entlohnte Tätigkeiten nach Abschluss der Ausbildung aufzunehmen. Die Teilzeitberufsausbildung leistet somit auch einen präventiven Beitrag zur Vorbeugung von prekärer Beschäftigung und Altersarmut, die überdurchschnittlich Migrant*innen betrifft. Sie ist somit ein Gewinn für Auszubildende ebenso wie für Unternehmen, die durch die Teilzeitberufsausbildung mehr Bewerbungen erhalten. Gleichzeitig ist sie ein weiterer Baustein, um gegen den Fachkräftemangel im Land Bremen anzugehen.
Trotz der vielen Vorteile einer Teilzeitberufsausbildung wird diese Möglichkeit bundesweit nur sehr wenig genutzt. Noch immer ist sie viel zu unbekannt. Im Land Bremen hat sich auch nach über zwei Jahren seit der Gesetzesnovelle der Anteil von Teilzeitberufsausbildungen nicht signifikant erhöht. Auf dem Fachtag „Teilzeitberufsausbildung – Ladenhüter oder wirksames Instrument zur Fachkräftegewinnung?“ der Arbeitnehmerkammer Bremen wurde deutlich, dass es an vielen Stellen Unsicherheiten und Unwissenheit in Bezug auf die Perspektiven einer Teilzeitberufsausbildung gibt – bei potenziellen Auszubildenden ebenso wie bei ausbildenden Betrieben.
Um dem in vielen Fachrichtungen bestehenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken und mehr Menschen in eine Ausbildung zu bringen, ist es darum notwendig, mehr Sichtbarkeit sowie Unterstützung für Teilzeitberufsausbildungen im Land Bremen zu schaffen. Das Projekt „Teilzeitausbildung für alle!“ in Schleswig-Holstein, welches unter anderem mit einer Servicestelle und einer direkten Ansprechperson für Ausbildungsinteressierte im Bereich der Teilzeitberufsausbildungen arbeitet, macht deutlich: Konkrete Beratung von potenziellen Auszubildenden sowie Aufklärung und Beratung von Betrieben über die Möglichkeiten der Teilzeitberufsausbildung schaffen Unterstützung, verringern Bedenken und bringen mehr Menschen in eine solche Ausbildung.
Auch im Land Bremen könnten konkrete Maßnahmen angestoßen werden, um die Teilzeitberufsausbildung zu stärken – durch Bewerbung und Sichtbarkeit und durch Beratung von Betrieben und interessierten potenziellen Auszubildenden.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
Dr. Franziska Tell, Dr. Henrike Müller
und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Jörg Zager, Basem Khan, Volker Stahmann, Selin Arpaz,
Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Dariush Hassanpour, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE
SPD-Bürgerschaftsfraktion
Land Bremen
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