Deutschland ist das einzige Land in der Europäischen Union, in dem für Tabakprodukte großflächige Außenwerbung auf Plakaten oder Werbung im Kino immer noch erlaubt ist. Deutschland verstößt mit der Aufrechterhaltung der Tabakwerbung gegen internationale Abkommen wie das WHO-Rahmenabkommen zur Eindämmung des Tabakgebrauchs (FCTC), das auch von der Europäischen Union ratifiziert wurde.
Außenwerbung für Tabakerzeugnisse ist allgemein präsent, auch Kinder und Jugendliche sind ihr ausgesetzt. Kinowerbung findet im positiv besetzten Kontext von Unterhaltung statt. Nach Angaben der Tabakwirtschaft wurden 2016 insgesamt knapp 212 Millionen Euro für Werbung in Deutschland ausgegeben. Demgegenüber steht nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums ein geschätzter volkswirtschaftlicher Schaden von fast 80 Milliarden Euro durch das Rauchen.
Werbung für Tabakprodukte im Kino und auf Plakaten, wie auch die kostenlose Abgabe von Tabakprodukten, erschweren eine wirksame Suchtprävention. Insbesondere auf Kinder und Jugendliche hat die Werbung einen starken Einfluss. Je häufiger Jugendliche mit Tabakwerbung in Kontakt kommen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie anfangen zu rauchen. In einer Studie mit über 1.000 teilnehmenden Jugendlichen aus den Schulklassen 6 bis 8 wurde ermittelt, dass pro zehn zusätzliche Kontakte mit Tabakwerbung das Risiko, mit dem Rauchen anzufangen, um 38 Prozent steigt. Auch die kostenlose Abgabe kann einen Anreiz zum Einstieg in den Konsum oder zur Fortsetzung des Konsums setzen. Unter anderem die Bundesärztekammer, die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin und das Deutsche Krebsforschungszentrum sprechen sich für ein Verbot von Tabakwerbung aus.
Schon in der vergangenen Legislaturperiode hatte die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet. Doch hinter den Kulissen verhinderte vor allem die CDU/CSU, dass der Gesetzentwurf überhaupt in den Bundestag eingebracht wurde. Bei den Verhandlungen um die Regierungsbildung auf Bundesebene in der laufenden Wahlperiode verschwand das zunächst im Entwurf des Koalitionsvertrags vereinbarte Verbot der Tabakaußenwerbung kurz vor Abschluss der Verhandlungen wieder aus dem Text. Aktuell scheint Bewegung in die lange festgefahrene Diskussion zu kommen. Dem Bundestag liegen derzeit mehrere Anträge zum Thema vor. Am 10. Dezember 2018 fand eine Sachverständigenanhörung statt, bei der sich die Expertinnen und Experten mehrheitlich für ein umfassendes Tabakwerbeverbot ausgesprochen haben. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat Ende Dezember öffentlich ihre Hoffnung zum Ausdruck gebracht, man könne noch im Frühjahr ein Tabakwerbeverbot „über die Bühne bekommen“. Im Februar 2019 berichteten verschiedene Medien, es liefen derzeit Verhandlungen zwischen den Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker der Regierungsfraktionen über einen Kompromiss, auch der Bundesgesundheitsminister unterstütze mittlerweile Vorschläge, die Tabakwerbung weiter einzuschränken.
Unabhängig von der Debatte auf Bundesebene haben einige Kommunen, zum Beispiel Bergisch-Gladbach und mehrere Bezirke in Berlin, bereits beschlossen, auf Tabakaußenwerbung auf öffentlichen Flächen zu verzichten. Für die Stadtgemeinde Bremen besteht seit dem 1. Januar 2011 mit der Deutschen Telekom AG ein „Gestattungsvertrag über die Ausübung von Werberechten auf öffentlichen Flächen der Freien Hansestadt Bremen“ mit einer Laufzeit von 15 Jahren. In § 10 dieses Vertrags wird lediglich „Werbung für Suchtmittel in der Nähe von Schulen und Kindergärten, soweit die Werbung von dem Schul- und Kindergartengelände aus einsehbar ist“ für unzulässig erklärt. Diese Regelung ist offensichtlich unzureichend. Bei künftigen Vertragsverhandlungen wird darauf zu achten sein, ein umfassendes Tabakwerbeverbot zu vereinbaren, falls es bis dahin immer noch keine entsprechenden Vorgaben auf Bundesebene gibt.
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen soll der Bremer Senat sich jetzt auf Bundesebene für ein möglichst umfassendes Verbot aller Formen der Kino- und Außenwerbung für Tabakprodukte einzusetzen.
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