Unsere politische Arbeit für
Bremen & Bremerhaven

Frauenärztin hält schwangerer Frau die Hände

Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Die Linke und der SPD

 

Etwa jede sechste Schwangerschaft endet mit einer Fehlgeburt, meist innerhalb der ersten zwölf Wochen. In Bremen und Bremerhaven sind das im Jahr 2022 mehr als 1.200 Fälle gewesen. Als Sternenkinder bezeichnet man Kinder, die vor, während oder kurz nach der Geburt versterben. Medizinisch spricht man von einer Fehlgeburt, wenn ein Kind ohne Lebenszeichen zur Welt kommt und ein Geburtsgewicht von 500 Gramm nicht erreicht. Bei einer Totgeburt kommt das Kind ohne Lebenszeichen zur Welt und hat ein Gewicht von mindestens 500 Gramm. Rechtlich liegt in Deutschland auch dann eine Totgeburt vor, wenn das Gewicht des Kindes unter 500 Gramm liegt, aber die 24. Schwangerschaftswoche erreicht wurde.

 

Leben ist von Anfang an mit vielen Hoffnungen verbunden. Die Freude über neues Leben kann schmerzhafterweise durch Tod- oder Fehlgeburt ein tragisches Ende nehmen. Viele Menschen mit solchen Erfahrungen haben es als unterstützend erlebt, ein Stück des schweren Weges begleitet zu werden und einen Ort des Abschieds zu haben. Betroffene sind häufig traumatisiert und benötigen dann weitergehende Unterstützung.

 

Dazu zählen besonders angemessene und würdige Orte der Trauer auf Friedhöfen. Bisher werden nicht lebend geborene Kinder, die personenstandsrechtlich nicht zu beurkunden sind, im Krematorium eingeäschert. Es kann eine individuelle Beisetzung erfolgen. Ein modernes Angebot ist eine Beisetzung auf dem Kindergrabfeld des Friedhofs Huckelriede, wo ein würdiger Rahmen geschaffen wurde. Auf den anderen kommunalen Friedhöfen besteht in der Regel die Möglichkeit für eine Beisetzung in Familiengräbern oder in der Nähe anderer Kindergräber. Kindergrabfelder sind ein modernes Bestattungsangebot, das auch an anderen Orten im Land Bremen angeboten werden sollte. Weitere Orte auf stadtbremischem Gebiet, insbesondere in Bremen-Nord, wären ein wichtiges Angebot. In Bremerhaven gibt es auf dem Friedhof Spadener Höhe eine Fläche, auf der zwei Mal im Jahr organisiert durch die Krankenhäuser Bestattungen von Sternenkindern stattfinden, zu denen die Eltern eingeladen werden. Darüber hinaus haben die Eltern die Möglichkeit, auf den Friedhöfen in Bremerhaven frei einen Platz für eine individuelle Bestattung auszusuchen.

 

Für die Nachsorge von betroffenen Müttern sind darüber hinaus spezielle Rückbildungskurse wichtig. Auch wenn ein Kind während der Schwangerschaft verstorben ist, hat der Körper eine Schwangerschaft durchlaufen, so dass ohne eine gezielte Rückbildung gesundheitliche Probleme u.a. durch eine Schwächung des Beckenbodens entstehen können. Am Klinikum Bremen-Mitte gibt es für Mütter nach einer Fehl- oder Totgeburt spezielle Kurse, die in der Regel nicht voll belegt sind. Es sind Maßnahmen eingeleitet, um dieses Angebot bekannter zu machen.

 

Noch Handlungsbedarf besteht beim Mutterschaftsschutz. Frauen hatten bisher nur bei einer Totgeburt Anspruch auf Mutterschaftsschutz, bei einer Fehlgeburt entfiel dieser. Ende Januar hat der Bundestag einstimmig das Mutterschutzanpassungsgesetz beschlossen, so dass ab dem 1. Juni 2025 gestaffelte Schutzfristen bei Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche gelten werden. Über diese neue Rechtslage gilt es nun umfassend zu informieren, damit betroffene Frauen die ihnen zustehenden Ansprüche kennen. Nicht erfasst sind von der Neuregelung jedoch selbstständig erwerbstätige Frauen, die privat krankenversichert sind. Auch diese Frauen brauchen eine rechtliche Absicherung, die im Falle einer Fehlgeburt einen Schutzraum schafft und der anerkannten psychischen Belastung einer solchen Situation Rechnung trägt.

 

In den Krankenhäusern der GENO und im St. Joseph-Stift wurden Lotsensysteme mit qualifizierten Gesundheitsfachkräften eingerichtet, welche werdenden Eltern in allen Fragen rund um die Geburt und nach der Geburt zur Seite stehen. Sie ermöglichen erste Gespräche und weitergehende Beratung der Betroffenen in den Kliniken und zuhause. Dieses Angebot wird nach ersten Erfahrungen – auch von Eltern von Sternenkindern – positiv eingeschätzt.

 

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) bittet den Senat,

  1. zusätzliche Angebote für Kindergrabfelder für „Sternenkinder“ auf Friedhöfen im stadtbremischen Gebiet einschließlich Bremen-Nord zu prüfen und nach Möglichkeit einzurichten;
  1. zusammen mit dem Magistrat in Bremerhaven anhand der Erfahrungen aus Bremen und Bremerhaven die Verbesserungsmöglichkeiten der Angebote zur Beisetzung von Sternenkindern zu erörtern;
  1. die neu eingeführten Lotsensysteme in den Häusern der GeNo (TippTapp pre) und im Krankenhaus St. Joseph Stift (Babylotsen) als Bindeglied für niederschwellige erste Gespräche zu evaluieren und die Vernetzung zur Verweisberatung mit existierenden Angeboten im Land Bremen für verwaiste Eltern zu überprüfen;
  1. zu prüfen, inwieweit die in den stadtbremischen Krankenhäusern eingeführten Lotsensysteme auch für Bremerhaven übertragbar sind;
  1. in geeigneter Form über die ab 1. Juni 2025 geltenden Mutterschutzregelungen bei Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche zu informieren;
  1. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, den gestaffelten Mutterschutz bei Fehlgeburten auf selbständig berufstätige Frauen, die privat versichert sind, auszuweiten;
  1. den staatlichen Deputationen für Gesundheit, Pflege und Verbraucherschutz sowie für Umwelt, Klima und Landwirtschaft innerhalb von sechs Monaten nach Beschlussfassung zu berichten.

 

Ralph Saxe, Dr. Maike Schaefer, Dr. Henrike Müller
und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion Die Linke

Ute Reimers-Bruns, Katarina Kähler, Derik Eicke,
Mustafa Güngör und Fraktion der SPD