Die Epoche des Kolonialismus gehört zu den verbrecherischen Abschnitten der deutschen Geschichte. Im Zuge der wirtschaftlichen Ausbeutung der Kolonien gab es seit Beginn dieser Gebietsaneignungen auch einen großangelegten Abtransport künstlerischer Artefakte aus den außereuropäischen Herrschaftsgebieten. Viele Ausstellungsstücke, Kunstwerke und sakrale Kultgegenstände wurden damals geraubt oder wechselten durch vertragliche Enteignung in neue Besitzverhältnisse. In der Folge entstanden in Deutschland und Europa etliche volkskundliche Museen, die einen exotisierenden und rassistischen Blick auf eine als fern empfundene Welt ermöglichten und die die kolonialen Bestrebungen der aufstrebenden Großmacht einer breiten Öffentlichkeit nahebringen sollten. Die betreffenden Kulturen wurden dabei sowie bei anderen Anlässen wie z.B. Völkerschauen als minderwertig und archaisch dargestellt. Dadurch sollte die vermeintliche kulturelle Überlegenheit der Kolonialmächte demonstriert werden. Diese rassistischen Narrative prägen unser Denken zum Teil noch heute.
Mit dem sogenannten Eckpunktepapier „Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ (aktualisiert im März 2021) haben sich Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände zu der Aufgabe bekannt, Transparenz über diese Bestände herzustellen und gemeinsam mit Vertreter:innen der Herkunftsgesellschaften Kriterien und Verfahren für die Rückgabe dieser Bestände zu erarbeiten. Im Land Bremen wurden bereits 2019 die „Kulturpolitischen Leitlinien zum Umgang mit dem kolonialen Erbe“ beschlossen, in denen ausdrücklich der Wille zur Rückgabe formuliert ist, sofern diese von den Herkunftsgesellschaften gewünscht wird. Häufig ist umfangreiche Provenienzforschung notwendig, um klären zu können, woher die Kulturgüter stammen und an wen sie heute zurückzugeben wären. Das Bremer Übersee-Museum gehört mit mehreren Forschungsprojekten zur Provenienz von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten zu den bundesweit führenden Einrichtungen auf diesem Gebiet. So wird unter anderem gemeinsam mit dem Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven zur Rolle maritimer Logistik bei der Verbringung von Kulturgütern geforscht.
Im Jahr 2020 folgte die Gründung einer Kontaktstelle „Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ bei der Kulturstiftung der Länder in Berlin. Ihre Aufgabe ist es nun, Anfragen aus dem Aus- und Inland entgegenzunehmen und an die richtigen Ansprechpartner:innen zu vermitteln. Da Kulturpolitik in der Bundesrepublik Angelegenheit der Länder ist und aus diesem Grund eine Vielzahl unterschiedlicher Regelungen bzgl. Der Rückgabe von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten gilt, soll so insbesondere den Herkunftsgesellschaften der Weg zu den einzelnen Institutionen und Beständen erleichtert werden.
Diese Entwicklung ist ausdrücklich zu begrüßen. Angesichts der anhaltenden Forderungen nach Restitution – mit Eröffnung des Berliner Humboldt-Forums ist diese Diskussion derzeit besonders aktuell – ist der Senat gefordert, sich zu der in den letzten Jahren veränderten Haltung in den Museen sowie über die praktischen Wege, sich zu der in den letzten Jahren veränderten Haltung in den Museen sowie über die praktischen Wege zur Rückgabe von Sammlungsgut zu positionieren. Allerorts müssen Regierungen sicherstellen, dass das Interesse, attraktive Sammlungsgüter in den Beständen zu behalten, der historischen Verantwortung hinsichtlich der Herkunft dieser Güter weicht und unrechtmäßig in Besitz genommenes Kulturgut zur Rückgabe angeboten wird. Mit hoher Priorität muss dabei besonders die Rückgabe von menschlichen Gebeinen vorangetrieben werden. Zentrale Datenbanken und wissenschaftliche Begleitung können dabei helfen, etwaige Interessens- und Rollenkonflikt zwischen Eigentümerinstitutionen und Forschungsinstitutionen zu adressieren.
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