Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE
Problemimmobilien stellen kommunale Quartiersentwicklung immer wieder vor große Herausforderungen. Sie verursachen durch ihre „negativen Ausstrahlungseffekte auf ihr Umfeld“ und von baulichen Missständen und Verwahrlosung ausgehender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bereits bei einem, gemessen an der Gesamtgebäudezahl, sehr geringen Anteil starke negative Auswirkungen.
Dies zeigt sich auch in den Stadtteilen Bremens. Vor allem vier Typen von Problemimmobilien haben in Bremen immer wieder für öffentliche Diskussionen gesorgt und tun dies weiterhin. Erstens einzelne, aber dramatische Fälle von menschenunwürdigen Wohnbedingungen, wie zuletzt im Fall Grünenweg, wo die Bewohner:innen im Winter wochenlang ohne Heizung blieben. Zweitens entziehen sachgrundlose Leerstände dem angespannten Wohnungsmarkt der Stadt Bremen Wohnraum und sind dabei selbst in den teuersten Wohnlagen Bremens zu finden. Drittens gefährden immer wieder einzelne baulich abgängige Gebäude („Schrottimmobilien“) die öffentliche Sicherheit und schädigen das Erscheinungsbild des Quartiers wie im Falle des sogenannten Koschnick-Hauses in Gröpelingen. Viertens führen regelwidrige Monteursunterkünfte immer wieder zu Beschwerden der Nachbarschaft über Belästigungen und stehen nicht selten im Zusammenhang mit ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen. Gemeinsam ist ihnen allen, neben den zum Teil weitreichenden negativen Folgen für Mieter:innen, dass sie die Nachbarschaften in Mitleidenschaft ziehen, sich besonders in strukturschwächeren Stadtteilen häufen und damit die soziale Kluft zwischen Stadtteilen verstärken.
Bremen hat deshalb in den vergangenen Jahren seine Möglichkeiten als Bundesland gezielt genutzt, die rechtliche Handhabe für die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven in diesem für Kommunen hochkomplexen Fragen zu verbessern. So wurden das Wohnungsaufsichtsgesetz sowie das Wohnraumschutzgesetz geschaffen. Ersteres ermächtigt die Stadtgemeinden bei menschenunwürdigen Wohnbedingungen einzugreifen und betroffene Immobilien unter treuhänderische Verwaltung der Stadt zu stellen. Das Wohnraumschutzgesetz hingegen stellt einen ersten Schritt bei der Bekämpfung der Zweckentfremdungen von Wohnraum, insbesondere durch sachgrundlosen Leerstand dar. In Zukunft ist hierbei zu evaluieren, inwieweit der Einsatz von Sanktionen, die Einführung einer Treuhandregelung nach dem Vorbild Hamburgs, sowie die Erweiterung des Gesetzes auf den Leerstand potenziellen Wohnraums sinnvolle Ergänzungen darstellen. Wohnungsaufsichts-, und Wohnraumschutzgesetz ergänzen die etablierten Instrumente der Gefahrenabwehr nach Landesbauordnung sowie des besonderen Städtebaurechts nach Baugesetzbuch und schaffen damit einen Instrumentenkasten zum Umgang mit Problemimmobilien, mit dessen Hilfe die vier in Bremen gängigen Typen – menschenunwürdige Wohnbedingungen, sachgrundlose Leerstände, Schrottimmobilien, regelwidrige Monteursunterkünfte – adressiert werden können.
Auf dieser Grundlage ist es nun an der Zeit, auch die behördlichen Zuständigkeiten Bremens auf eine systematische und ressortübergreifend verzahnte Bekämpfung von Problemimmobilien auszurichten. Erforderlich ist eine einheitliche Definition der relevanten Problemtypen, ressortübergreifende Erfassung der Fälle, die Erstellung, Durchführung und fortlaufende Ergebnisdokumentation abgestimmter Fall-Maßnahmen-Pläne, fortlaufende Evaluation der Prozesse und der Rechtsgrundlagen sowie eine einheitliche Berichterstattung gegenüber den zuständigen Gremien der Bürgerschaft.
Zweckmäßig hierfür ist die Einrichtung einer gemeinsamen Taskforce „Problemimmobilien“ aus den zuständigen Ressorts Inneres und Bau. Fallbezogen müssen für effektives Agieren weitere Ressorts im Rahmen ihrer Zuständigkeit hinzugezogen werden, insbesondere das Sozialressort, wenn Mieten für einschlägige Immobilien über die Kosten der Unterkunft aus der Stadtkasse geleistet werden.
Neben hoheitlichem Handeln ist auch der gezielte Erwerb von Problemimmobilien durch die Stadt ein unverzichtbares Instrument. Denn vielfach sind nötige Investitionen in die Gebäude den Eigentümer:innen wirtschaftlich nicht mehr möglich und Kaufinteressent:innen nicht vorhanden, sodass trotz ordnungsrechtlicher Verfügungen absehbar keine positive Entwicklung der Immobilie absehbar ist. Für solche Fälle soll der BREBAU die Funktion einer Quartiersentwicklungsgesellschaft übertragen werden, die nach Vorbild der Tätigkeit der STÄWOG im Bremerhavener Goethe-Viertel mit ersten Pilotprojekten auch kleinere Immobilien in den Quartieren entwickelt und Schrottimmobilien beseitigt.
Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:
Die Stadtbürgerschaft fordert den Senat auf,
Falk Wagner, Senihad Šator, Kevin Lenkeit, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Bithja Menzel, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN
Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
SPD-Bürgerschaftsfraktion
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