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Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die geplante europaweite Harmonisierung der Ahndung von Vergewaltigungen ist mangels Einigkeit über die Zuständigkeit der europäischen Ebene gescheitert. Neben Ungarn, Frankreich und anderen, äußerte Deutschland rechtliche Bedenken bzgl. der europarechtlichen Kompetenz für ein EU-Gesetz gegen Gewalt an Frauen, insbesondere bezüglich der einheitlichen Definition und Ahndung des Vergewaltigungstatbestands. Des Weiteren bleibt es den Mitgliedsstaaten aber unbenommen, ebenfalls das Prinzip „Nur Ja heißt ja“ im nationalen Kontext umzusetzen.

Die derzeitige Rechtslage in Deutschland, wonach ein sexueller Akt strafbar ist, wenn das Opfer den Akt ablehnt, steht im Widerspruch zu dem Prinzip „Nur Ja heißt ja“, das bereits in einigen europäischen Ländern wie Schweden und Spanien angewendet wird. Die Reform des Sexualstrafrechts im Jahr 2016 führte zwar zu einer wichtigen Änderung, indem körperlicher Widerstand nicht mehr als einzige Voraussetzung für die Strafbarkeit gilt, jedoch bleibt die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Zustimmung des Opfers aus. Aus der Traumapsychologie ist bekannt, dass Opfer nicht selten in eine Schockstarre fallen und unter dieser nicht zu unmissverständlichen Abwehrreaktionen fähig sind. Dabei handelt es sich um eine natürliche Schutzreaktion des Körpers. Besonders massiver körperlicher Gewalt bedarf es daher für die vergewaltigende Person oft nicht. Da aus der Schockstarre heraus ein eindeutiges Nein oft schwer möglich ist, schafft nur die positive Einwilligung auf allen Seiten die Sicherheit der Einvernehmlichkeit. Diese Änderung ist dringend erforderlich.

Es ist daher unerlässlich, dass Deutschland sich ein Vorbild an den Regelungen in Spanien und Schweden nimmt und sich um einen weiterhin anzustrebenden europäischen Standard bemüht, mit dem Ziel sexuelle Handlungen demnach nur mit ausdrücklicher Zustimmung Beteiligter als einvernehmlich gelten zu lassen. Im Umkehrschluss ist bei ausbleibender Zustimmung und Erfüllung der übrigen Tatbestandsmerkmale, der Straftatbestand der Vergewaltigung erfüllt. Eine entsprechende Reform würde nicht nur einen wichtigen Schritt im Kampf gegen sexuelle Gewalt darstellen, sondern auch die Rechte und den Schutz von Frauen stärken.

 

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

 

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

  1. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Straftatbestände der Vergewaltigung und des sexuellen Übergriffs dahingehend geändert werden, dass jede sexuelle Handlung ohne den erkennbar geäußerten positiven Willen einer Person zu dieser Handlung unter Strafe fällt;
  2. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Deutschland seine Blockadehaltung in Bezug auf eine Anpassung der Straftatbestände der Vergewaltigung und des sexuellen Übergriffs aufgibt und sich im Rahmen zukünftiger europäischer Harmonisierungsprozesse für eine Angleichung des Vergewaltigungstatbestandes im Sinne des Beschlusspunktes 1 einsetzt;
  3. dem Ausschuss für die Gleichstellung der Frau und dem Rechtsausschuss zwölf Monate nach Beschlussfassung zu berichten.

 

Selin Arpaz, Antje Grotheer, Katharina Kähler, Medine Yildiz,
Mustafa Güngör und Fraktion der SPD

Maja Tegeler, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE

Michael Labetzke, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN