Dringlichkeitsantrag der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD
Die Gesundheitsberichterstattung in Bremen analysiert und interpretiert verschiedene Daten zum Gesundheitszustand, der sozialen Lage und zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. So können Gesundheitsrisiken und Unterschiede im Gesundheitszustand und der Gesundheitsversorgung innerhalb der Bevölkerung erkannt und mit passenden Maßnahmen angegangen werden. Die Berichterstattung ist somit eine wichtige Grundlage für die Planung gesundheitspolitischer Maßnahmen.
Aktuell wird das Potenzial der Berichterstattung jedoch nicht vollständig genutzt. Die Landesgesundheitsberichte erscheinen entsprechend der gesetzlichen Vorgabe derzeit nur alle vier Jahre, was dazu führt, dass politische Entscheidungen oftmals auf veralteten Daten beruhen. Veränderungen im Gesundheitszustand der Bevölkerung oder neue Gesundheitsrisiken werden dadurch teils zu spät erkannt, was eine rechtzeitige Anpassung der Gesundheitsversorgung an diese Herausforderungen erschwert. Kürzere Berichtsintervalle und Fokusberichte zu aktuellen Themen und Entwicklungen könnten helfen, schneller und gezielter auf gesundheitliche Versorgungsbedarfe in der Bevölkerung zu reagieren.
Auch gibt es noch Handlungsbedarf in Bezug darauf, wie unterschiedliche Gesundheitsrisiken und gesundheitliche Bedarfe in der Bevölkerung im Rahmen der Berichterstattung adressiert werden. Die aktuellen Berichte erfassen beispielsweise geschlechtsspezifische Unterschiede im Gesundheitszustand und der Versorgung oder die gesundheitlichen Bedarfe von Menschen mit eigener oder familiärer Migrationserfahrung nicht ausreichend differenziert genug. So wird bei Geschlecht bisher nur nach „männlich“ und „weiblich“ unterschieden, obwohl seit 2018 auch rechtlich mehr als zwei Geschlechter anerkannt sind.
Über die Gesundheit und Versorgung von Frauen und queeren Menschen gibt es nur wenige Daten. Da die Forschung lange vor allem auf den männlichen Körper als Norm fokussiert war, werden Krankheiten und Symptome bei Frauen und queeren Menschen oft noch unzureichend verstanden, und ihre speziellen Bedürfnisse werden bisher wenig berücksichtigt. Bereits der durch die Bürgerschaft beschlossene Antrag der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu „Medizin und gesundheitliche Vorsorge verbessern – Forschungsdefizite zu Frauen und weiblichen Körpern aufholen“ (Drucksache 21/403) weist auf dieses Problem hin und hat eine Überprüfung auf geschlechts- und genderspezifischen Bias der Datensätze zu Gesundheit beschlossen.
Bei Menschen mit eigener oder familiärer Migrationserfahrung wird größtenteils nur nach „Menschen mit“ und „Menschen ohne Migrationshintergrund“ in den Daten unterschieden. Dieser Begriff umfasst jedoch eine sehr unterschiedliche Gruppe von Menschen, die sich in ihrer sozialen Lage, Bildung, Einwanderungsgeschichte und Diskriminierungserfahrungen stark unterscheiden. Dadurch haben sie auch verschiedene Gesundheitsbedarfe, die jedoch nicht umfassend beachtet werden können, wenn diese Unterschiede nicht genauer betrachtet werden.
Die Gesundheitsberichterstattung kann diese Datenlücken bisher nicht vollständig schließen, da im Rahmen der Berichterstattung zum Großteil keine eigenen Daten erhoben werden, sondern vorrangig auf bestehende Daten wie die des Statistischen Landesamtes Bremens oder auf Krebsregisterdaten zurückgegriffen wird. Einige Daten, wie die der Schuleingangsuntersuchung, werden eigenständig erhoben.
Die in der Berichterstattung genutzten Daten müssten zukünftig differenzierter erfasst werden, damit die Gesundheitsberichterstattung hierauf aufbauend zielgerichtetere Analysen und Handlungsempfehlungen bieten kann. Daneben könnten auch Fokusberichte, welche neben statistischen Routinedaten weitere Daten und Erkenntnisse aus aktuellen Studien einschließen, dazu beitragen, dass die Gesundheitsberichterstattung künftig besser unterschiedliche Gesundheitsrisiken und Versorgungsbedarfe in der Bevölkerung erfasst und somit diversitätssensibler wird.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE
Ralph Saxe, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ute Reimers-Bruns, Selin Arpaz, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
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