Unsere politische Arbeit für
Bremen & Bremerhaven

Vier abgestellte Schulranzen

Antrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und DIE LINKE

 

Auf Bundesebene wurde das Recht auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter beschlossen, welches ab 2026 schrittweise eingeführt werden soll. Mit dem Ganztagsfördergesetz soll eine Betreuungslücke für Grundschulkinder geschlossen, sowie mehr Chancengerechtigkeit und eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie erreicht werden. Ab August 2026 erhalten zunächst alle neuen Erstklässler*innen einen Anspruch auf eine ganztägige Betreuung. Dies wird dann jährlich um eine weitere Klassenstufe ausgeweitet, sodass ab August 2029 jedes Grundschulkind im Land Bremen einen Anspruch auf eine Betreuung auch am Nachmittag hat.

Der Bund unterstützt die Länder und Kommunen bei der Umsetzung des Rechtsanspruchs durch eine Beteiligung an den Kosten für Ausstattungsinvestitionen sowie Um- und Neubauten mit insgesamt 3,5 Milliarden Euro. Es gibt zwei Investitionsprogramme: das Beschleunigungsprogramm, welches 2022 ausgelaufen ist, und das Investitionsprogramm, welches 2023 begonnen hat und bis Ende 2027 läuft.

Im Land Bremen gibt es bisher ein vielfältiges System an Grundschulen – es gibt die verlässlichen Grundschulen, welche zum Teil für eine gewisse Schüler*innenanzahl durch ein Hort-Angebot ergänzt werden, und Grundschulen mit einem offenen oder geschlossenen Ganztag. Für die Stadtgemeinde Bremen besteht dabei das Ziel, mittelfristig alle Grundschulen in gebundene Ganztagsschulen umzuwandeln, wie es bereits 2018 in der Schulstandortplanung festgeschrieben wurde. Bis dieses Ziel erreicht wird, wird das bisherige System verlässlich weitergeführt.

Sicher ist: Erfolgreiche Ganztagsschulen bieten zahlreiche Potenziale. Die Bildungsforschung zeigt deutlich, dass hochwertige Ganztagsangebote einen positiven Einfluss auf die kognitive und psychosoziale Entwicklung haben und damit signifikante Beiträge zur Verbesserung schulischer Leistungen der Kinder bieten können. Sie können die Motivation der Schüler*innen steigern, ihr Selbstvertrauen stärken und sind entscheidend für mehr Bildungsgerechtigkeit. Zudem ermöglichen sie die Integration verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und eröffnen Kindern neue Möglichkeiten der informellen Bildung und des gemeinschaftlichen Engagements. Durch gut durchdachte Fachkonzepte können ungleiche Startchancen ausgeglichen und Selbstwirksamkeit sowie demokratisches Miteinander gefördert werden.

Diese positiven Effekte des Ganztags sind aber keineswegs selbstverständlich. Sie setzen eine hohe Qualität der Angebote, ein gutes Zusammenspiel von Lehrkräften, Erzieher*innen sowie weiteren pädagogischen und nicht pädagogischen Fachkräften in multiprofessionellen Teams voraus. Angesichts des Fachkräftemangels müssen Modelle entwickelt werden, um unter anderem Fachkräfte der Sportvereine und -verbände, der Kinder- und Jugendhilfe, der Hort-Träger und der Schulen miteinander zu verbinden. Dies erfordert eine gemeinsame Analyse. Wenn Kinder den ganzen Tag in der Schule oder im Hort verbringen, gewinnt die Einbeziehung außerschulischer Angebote an großer Bedeutung. Daher ist eine systematische Kooperation zwischen schulischen und außerschulischen Partnern der Bildungsarbeit unerlässlich und auszubauen. Die Einbindung der Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Partner*innen der außerschulischen kulturellen, Medien- und Umweltbildung und des Sports sowie aus dem Vereins- und Verbandswesen bilden einen Mehrwert für ein gelungenes Ganztagsangebot. Zielsetzung muss eine gute Verzahnung der Ganztagsangebote mit außerschulischen Partnern sowie von Vor- und Nachmittag sein. Hierfür ist es wichtig, dass sich die Angebote an den Bedürfnissen der Kinder orientieren, niedrigschwellig sind und auf der Kooperation vor Ort zwischen Schule und örtlichen Vereinen fußen. Dies gilt auch für Angebote des Sports sowie der kulturellen, der Medien- und der Umweltbildung. Sie bilden wichtige Bausteine für die kindliche Entwicklung und sind daher in den Ganztag zu integrieren.

Damit der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung erfüllt werden kann, muss nun zeitnah ein Konzept und eine ganzheitliche Strategie für einen gelingenden Ganztag ab 2026 unter Einbeziehung der Schulen, der Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie den außerschulischen Lernorten (z. B. Stadtteilfarmen, Sportverbänden und -vereinen, Musikschulen) entwickelt werden.

 

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

  1. binnen sechs Monaten nach Beschlussfassung eine ganzheitliche Strategie sowie ein Fachkonzept für die Erfüllung des Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung für Grundschulkinder ab dem Jahr 2026 vorzulegen. Dieses Fachkonzept soll dabei Bezug nehmen auf:
    1. die bereits bestehenden Ganztagsangebote an Grundschulen und eine Analyse, in welcher Form diese fortgeführt und bei Bedarf angepasst werden sollen;
    2. den notwendigen räumlichen Ausbau der bestehenden Grundschulstandorte und die Erschließung außerschulischer Lernorte für den Ganztagsbetrieb;
    3. die notwendige Anzahl an (zusätzlichen) Fachkräften zur Absicherung des Ganztagsangebots;
    4. aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zur Rhythmisierung des Ganztags und zur qualitativen Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe und allen weiteren Akteur*innen im Bereich der informellen Bildung von Kindern;
    5. eine Prüfung der Verstetigung bestehender außerschulischer Angebote im Ganztag;
  2. binnen sechs Monaten nach Beschlussfassung mit allen wichtigen Akteur*innen der schulischen und außerschulischen Bildungsangebote aus Bremen und Bremerhaven ins Gespräch zu kommen und einen runden Tisch einzuberufen;
  3. durch eine Fachkräfteinitiative und eine gemeinsame Analyse der Bedarfe in der Jugendhilfe und in der Schule sicherzustellen, dass mit dem Einsatz multiprofessioneller Teams ein qualitativer und quantitativer Ausbau des Ganztages sichergestellt ist;
  4. der staatlichen Deputation für Kinder und Bildung und dem Landesjugendhilfeausschuss bis Ende des Jahres 2024 und dann jährlich über den aktuellen Stand zu berichten.

 

 

Dr. Franziska Tell, Sahhanim Görgü-Philipp, Dr. Henrike Müller
und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Falko Bries, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD

Miriam Strunge, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen
und Fraktion DIE LINKE