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Bremer Erinnerungskonzept Kolonialismus fortsetzen

Weite Teile der Welt befanden sich Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts unter direktem oder indirektem Einfluss europäischer Kolonialmächte. Der afrikanische Kontinent wurde unter den europäischen Kolonialmächten aufgeteilt. Die Herrschaft wurde mit grausamer Unterdrückung, Ausbeutung und unzähligen Misshandlungen aufrecht gehalten. Im Freistaat Kongo des belgischen Königs Leopold II. wurde so die Bevölkerungszahl zwischen 1880 und 1920 halbiert. Aufgrund unglaublicher Grausamkeit und rassistischer Menschenverachtung geht man von mehr als zehn Millionen Opfern aus.

In der deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, wurde auf Initiative des Bremer Kaufmanns Adolf Lüderitz die erste deutsche Kolonie durch Reichskanzler Otto von Bismarck errichtet. Nach anfänglicher Skepsis betrieb Bismarck politisch aktiv die expansive deutsche Rolle im Kolonialismus. Auf seine Einladung hin teilten die europäischen Mächte bei der Kongo-Konferenz in Berlin 1884/1885 den afrikanischen Kontinent unter sich auf.

Das deutsche Regime in Südwestafrika basierte ebenfalls auf gewalttätiger Unterdrückung. Die Völker der Nama und Herero erhoben sich dagegen. Bei der Schlacht von Ohamakari begann am 11. August 1904 ein Genozid, in dem etwa 80.000 Nama und Herero systematisch getötet wurden. Überlebende wurden teilweise in sogenannten Konzentrationslagern interniert. Dies war der erste Völkermord des 20. Jahrhunderts.

Deutsch-Südwestafrika ist dabei nur ein besonders grausames Beispiel für die deutsche koloniale Geschichte, die sich auf weitere Gebiete in Afrika, Asien und den pazifischen Raum erstreckte und auch dort jeweils viele Opfer forderte und deren Aufarbeitung bisher schleppend verlief. Eine deutliche Bitte um Entschuldigung der deutschen Regierung für den Genozid in Namibia steht nach wie vor aus. Die Verhandlungen mit der dortigen Regierung ziehen sich bis heute hin. Ein zentrales Mahnmal zur Erinnerung an die Gräuel gibt es ebenso wie Dokumentationszentren bis heute nicht.

Bremen spielte im deutschen Kolonialismus und für das Aufkommen des Neokolonialismus eine besondere Rolle in Deutschland. Die erste Kolonie hatte hier ihren Ursprung. Neokoloniale Kreise errichteten 1931/1932 das mächtige Reichskolonialehrenmal ‚Elefant‘. Während des Nationalsozialismus sollte Bremen explizit die Stadt der Kolonien sein.

Die Aufarbeitung der kolonialen Geschichte und Bremens Rolle war in Bremen merklich intensiver als in anderen Städten. Das Reichskolonialehrenmal wurde 1988 in Antikolonialdenkmal umbenannt. Die Auseinandersetzung und Versöhnung wurde danach politisch maßgeblich unterstützt. Vor etwa zehn Jahren wurde der Diskurs wieder intensiviert. Ein Erinnerungsort für die Opfer des Völkermordes an den Nama und Herero wurde unweit des ‚Elefanten‘ eingeweiht. Der umgebende Park wurde in Nelson-Mandela-Park umbenannt. Die Bremische Bürgerschaft beschloss 2016 ein „Bremisches Erinnerungskonzept Kolonialismus“. Von 2016-2019 gab es einen breit aufgestellten Bürgerdialog zum Thema „Kolonialismus und seine Folgen“ und bis heute trifft sich die „Gesprächsrunde Koloniales Erbe“, beides organisiert vom Kulturressort. Im April 2019 wurden in der Kulturdeputation „Leitlinien zum Umgang mit dem Kolonialen Erbe“ beschlossen. Mit Unterstützung des Senators für Kultur, der Landeszentrale für politische Bildung und zivilgesellschaftlichen Akteuren wurde am 11. August mit durch Corona veränderten Austragungsbedingungen zum dritten Mal eine Gedenkfeier am ‚Elefanten‘ ausgerichtet.

Zusätzliche aktuelle politische Brisanz hat das Thema durch die weltweiten und andauernden „Black lives matter“-Proteste und die Debatte um unrechtsverherrlichende Statuen im öffentlichen Raum erhalten. Im englischen Bristol wurde die Statue des Sklavenhändlers Colston vom Podest geholt und löste intensive Debatten aus.

Die historische Aufarbeitung eines der größten Unrechtsgeschehen der Menschheitsgeschichte mit vielen Millionen Opfern ist die eine wichtige Dimension dieser Debatte. Die andere Dimension beschäftigt sich mit den heutigen Auswirkungen in den ehemals kolonialisierten Ländern sowie der Ausbildung und der damit einhergehenden notwendigen Bekämpfung von weltweitem strukturellem Rassismus.

Wir wollen den eingeschlagenen Weg der Aufarbeitung und Versöhnung fortsetzen und intensivieren.