Die Bundesrepublik Deutschland und die Stadtgesellschaften Bremen und Bremerhaven sind plurale und vielfältige Gesellschaften. Zahlreiche Menschen aus aller Welt leben hier seit Jahren oder Generationen. Ihre Kinder sind hier geboren, aufgewachsen, haben die Schule besucht, ein Studium oder eine Lehre abgeschlossen. Seit Jahrzehnten ist Deutschland faktisch ein Einwanderungsland, dessen teilweise undurchlässige Institutionen allerdings nach wie vor häufig Menschen ohne Migrationsgeschichte begünstigen. Die Beschäftigten und Institutionen des Staates spiegeln die kulturelle Vielfalt unserer Gesellschaft gegenwärtig nicht wider: Menschen ohne Migrationsgeschichte sind massiv überrepräsentiert.
In Bremen sind 36 Prozent der Menschen entweder selbst eingewandert oder haben mindestens einen Elternteil, der ohne deutsche Staatsangehörigkeit geboren wurde. Demgegenüber weisen nur 19,9 Prozent der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes einen Migrationshintergrund (vgl. Drucksache 20/1048) auf. Das Gefälle nimmt zu, wenn die einzelnen Bereiche des Öffentlichen Dienstes betrachtet werden: So weist beispielsweise die Kernverwaltung Bremerhavens einen Anteil von Beschäftigten mit Migrationshintergrund von 9,6 Prozent auf. Bei der öffentlichen Mehrheitsgesellschaft BLG beträgt der Anteil dagegen 32 Prozent. Dieses Gefälle verdeutlicht, dass an den Stellen, wo strategische Entscheidungen oder Verwaltungsweisungen erarbeitet werden, Beschäftigte mit Migrationshintergrund unterdurchschnittlich oft arbeiten. Auch wenn Bremen mit dem durchschnittlichen migrantischen Beschäftigtenanteil hinter Baden-Württemberg mit Hamburg auf dem 2. Platz liegt, sollte hier stetig eine Angleichung an den Anteil in der Gesamtbevölkerung angestrebt werden.
Die Erfassung der Beschäftigten mit Migrationshintergrund erfolgt auf freiwilliger Basis, so dass von einer gewissen Unschärfe der erhobenen Zahlen auszugehen ist. Kaum erfassbar ist der Anteil der Menschen mit Migrationsgeschichte oder -erbe. Die letzte Befragung der Bremer Beschäftigten, in der 13 Prozent (Bremen) bzw. gut 15 Prozent (Bremerhaven) angaben, eine Migrationsgeschichte zu haben, fand 2013 statt.
Das Kriterium der Staatsangehörigkeit ist nur bedingt aussagekräftig, zeigt jedoch auch Tendenzen in der transkulturellen Öffnung der Verwaltung auf: So waren im Jahr 2008 Beschäftigte ohne deutschen Pass, deren Anteil an der Bremer Bevölkerung 14,5 Prozent ausmacht, nur zu 4 Prozent vertreten. In der Kernverwaltung waren nur 1 Prozent der Beschäftigten Inhaber:innen einer anderen als der deutschen Staatsangehörigkeit (vgl. Drs. 17/621).
Diese eklatante Unterrepräsentanz hat sich seit 2008 nicht grundsätzlich verändert. So arbeiten derzeit in vier von 21 Produktplänen in der Kernverwaltung keine Beschäftigten mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit, in 13 Produktplänen sind es zwischen 0,4 und 3,4 Prozent der Beschäftigten und in vier Produktplänen liegen die Anteile darüber. Durchschnittlich ergibt sich lediglich ein Anteil von 4,1 Prozent (vgl. Drucksache 20/1048).
Aus diesem Grund beschäftigt sich der Bremer Senat seit längerem mit der interkulturellen Öffnung der Verwaltung. 2008 wurde z.B. die Charta der Vielfalt unterzeichnet, um die Einbeziehung der Diversität in die Arbeitswelt zu befördern. 2009 wurde die Ausbildungskampagne „Du bist der Schlüssel“ ressortübergreifend konzipiert und wird seitdem fortlaufend weiterentwickelt. Ziel ist es, Nachwuchs für den Öffentlichen Dienst anzuwerben und dabei auch Menschen mit Migrationsgeschichte explizit anzusprechen. Zudem gibt es das interkulturelle Mentoring-Programm, das u.a. Bedienstete mit Migrationsbiografie vernetzt und über Aufstiegsmöglichkeiten berät. Das Aus- und Fortbildungszentrum für den bremischen öffentlichen Dienst (AFZ) bietet darüber hinaus Seminare und Workshops im Bereich der interkulturellen Öffnung an und bildet Multiplikator:innen aus. Im November 2020 wurde zudem das Diversity Management Konzept der Freien Hansestadt Bremen veröffentlicht. Es beinhaltet verschiedene Maßnahmen, u.a. wird eine vielfaltsbewusste Personalauswahl für den Öffentlichen Dienst angestrebt und dafür die Entwicklung eines Leitfadens zur Verwendung diversitätsbewusster Sprache/Bilder in der Personalgewinnung sowie ein neues Fortbildungsangebot „Vorurteilsbewusstes Handeln im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren“ geplant. Eine neu geschaffene Diversity-Kommission begann 2021 mit ihrer Arbeit (https://www.senatspressestelle.bremen.de/pressemitteilungen/senat-beschliesst-diversity-management-konzept-347885?asl=bremen02.c.732.de).
Um die Ergebnisse dieser verschiedenen Prozesse zentral zu bündeln und fortzuentwickeln ist zu prüfen, ob mithilfe eines „Aktionsplans zur Steigerung der Beschäftigten mit Migrationsgeschichte im Öffentlichen Dienst“ sogenannte positive Maßnahmen zukünftig implementiert werden können.
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