Eine demokratisch denkende Gesellschaft ist keine Selbstverständlichkeit. Deshalb ist die Stärkung der Demokratie dringend notwendig und grundsätzlich für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft. Es ist daher wichtig und begrüßenswert, dass dieser Kernbereich unseres friedlichen Zusammenlebens derzeit breit in der Gesellschaft und Öffentlichkeit diskutiert wird. Von den hieraus zu ziehenden Konsequenzen hängt es maßgeblich ab, wohin sich unsere Gesellschaft entwickelt. An den anhaltenden und friedlichen Klimaprotesten der „Fridays for Future“-Bewegung wird gelebte Demokratie deutlich. Demokratie funktioniert nicht nur als ein theoretisches Konstrukt, sie muss erlebt werden. Es geht dabei um Haltung, Kritikfähigkeit und einen klaren Wertekompass. So haben die Einführung des Wahlalters 16 bei den Landtagswahlen in Bremen sowie von jungen Menschen erarbeitete Resolutionen im Rahmen von „Jugend im Parlament“ dazu geführt, dass Kinder und Jugendliche schon früher an grundlegenden demokratischen Prozessen beteiligt werden und Mitverantwortung übernehmen können.
Politisches Ziel für die kommende Legislaturperiode ist es, dass über alle Bildungsinstitutionen hinweg die Stärkung der Demokratie vorangetrieben und in den Bildungs- und Lehrplänen verbindlich verankert wird. Im Geiste unserer Landesverfassung spielen Schulen und andere Bildungseinrichtungen eine wesentliche Rolle dabei, Kindern und Jugendlichen ein demokratisches Bewusstsein zu vermitteln und ein solidarisches Miteinander zu fördern. Unsere Kindertagesstätten und Schulen müssen Präventionsorte zur wirksamen Verhinderung von Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, Xenophobie und Homophobie sein. Dabei sind das Vermitteln der hierfür notwendigen Kompetenzen und der Austausch im Gruppenalltag einer Kindertagesstätte und im Schulunterricht genauso wichtig, wie die jeweilige Kultur und das Profil in der konkreten Bildungseinrichtung. So können demokratische Prinzipien nicht nur theoretisch vermittelt, sondern im eigenen Alltag erlebt und mitgestaltet werden. Dies ist in jeder Betreuungs- und Bildungsstätte möglich und wichtig, bedarf jedoch unterschiedlicher Methoden und Zugänge.
Im „Bildungsplan für Kinder im Alter von 0 bis 10 Jahren“ wird darauf verwiesen, dass das Demokratielernen in Bildungseinrichtungen ein Grundprinzip in allen Bereichen ihrer pädagogischen Arbeit ist. Die Bildungseinrichtungen müssen selbst Handlungsfelder gelebter Demokratie sein, in denen die Würde des jeweils anderen großgeschrieben, Toleranz gegenüber anderen Menschen und Meinungen geübt und für Zivilcourage eingetreten wird sowie Regeln eingehalten und Konflikte gewaltfrei gelöst werden. In diesem Zusammenspiel von Bildung, Erziehung und Betreuung kommt den Bildungseinrichtungen die Aufgabe zu, Grundlagen für ein demokratisches Selbstverständnis zu entwickeln.
Wir fragen den Senat:
1. Demokratieerfahrung und Partizipationskultur in der pädagogischen Arbeit in den Kindertagesstätten
1.1. Welche Möglichkeiten sieht der Senat im Rahmen der pädagogischen Arbeit im Elementarbereich altersgerechte Projekte und Zielsetzungen mit dem Ziel zu etablieren, Demokratie spürbar zu machen und zu reflektieren? Welche beispielhaften Ansätze sind bereits im Alltag der Kindertagesbetreuung verankert?
1.2. Welche pädagogischen Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Konzeptionen sind aus Sicht des Senats sinnvoll und förderlich, um Demokratie in den Kindertagesstätten im Alltag altersgerecht erlebbar zu machen?
1.3. Welche Bedeutung kommen aus Sicht des Senats in diesem Zusammenhang dem ‚Rahmenplan für Bildung und Erziehung im Elementarbereich‘ und den ‚Pädagogischen Leitlinien zum Bildungsplan für Kinder im Alter von 0 bis 10 Jahren‘ zu?
1.4. In welchem Rahmen sind Kindertagesstätten in ihren Leitlinien und Konzepten angehalten, in ihrer pädagogischen Arbeit ganz gezielt Projekte und Unternehmungen mit dem Ziel durchzuführen, exemplarisch Demokratie spürbar zu machen und sich hierüber auszutauschen?
1.5. Welche zusätzlichen Qualifikationen benötigt das pädagogische Personal aus Sicht des Senats, um Lernfelder der Demokratie für Kindertagesstätten zu entwickeln und umzusetzen?
2. Demokratie als gelebte Praxis und als Bildungs- und Lehrauftrag in den Schulen
2.1. Welche Instrumente gibt es an den Schulen, mit denen das Ziel verbunden ist, demokratische Prozesse im Schulalltag kennenzulernen, selber zu praktizieren und auszuwerten? Welche Ansätze und Projekte können beispielhaft genannt werden, um demokratische Prozesse in einer diversen Gesellschaft erlebbar zu machen? Welche Möglichkeiten haben Schüler*innen, Unterricht, Lerninhalte und Schulalltag mitzugestalten und mitzubestimmen? Wie bewertet der Senat diese Instrumente im Einzelnen?
2.2. Wie bewertet der Senat die in den Lehr- und Bildungsplänen für die Primarstufe, die Oberschule, die Sonderpädagogik und die Gymnasiale Oberstufe definierten Aufgaben und Ziele im Bereich Demokratielernen und welche Veränderungen bzw. Erweiterungen sind hier geplant (bitte möglichst differenziert nach den einzelnen Lehr- und Bildungsplänen)?
2.3. Welche Möglichkeiten sieht der Senat, den Bereich Demokratiebildung bzw. politische Bildung sowohl als Unterrichtsfach als auch als Querschnittsaufgabe weiter auszubauen?
2.4. Welche Planungen verfolgt der Senat, um konkretes demokratisches Handeln in Schulen noch intensiver zu stärken und Wissen, Fertigkeiten und eine kritische Auseinandersetzung bei kontroversen Themen zu vermitteln? In welcher Form kann ganz konkret die Stärkung der Demokratie im Schulalltag befördert werden (Schulkultur, Mitbestimmung und Beteiligung in Schulgremien, Streitschlichtungsprojekte, selbstverantwortete Lernzeiten, …)?
2.5. Welche zusätzlichen Qualifikationen benötigt das pädagogische Personal an den Schulen aus Sicht des Senats hierfür und welche Angebote der Fortbildung sind dabei sinnvoll und umsetzbar? Welche zusätzlichen demokratiepädagogischen Angebote sind zudem in den verschiedenen Phasen der Lehramtsaus- und -weiterbildung sinnvoll?
2.6. Sind die Kapazitäten des Landesinstituts für Schule (LIS) sowie des Lehrerfortbildungsinstituts (LFI) in Bremerhaven ausreichend, um in diesem Bereich quantitativ und qualitativ aus- und fortzubilden? Welche zusätzlichen Mittel sind nötig, um dies sicherzustellen?
2.7. Wie bewertet der Senat die Bildungsarbeit an den Schulen zur Prävention gegen gruppenbezogene Diskriminierung? Welche zusätzlichen Maßnahmen oder Projekte plant der Senat in diesem Bereich?
2.8. Was unternimmt der Senat, um die Bildung und die Arbeit von Schüler*innenvertretungen (SV) an den einzelnen Schulen zu unterstützen? Sind diese Vertretungen über die Schulen mit einem eigenen Budget ausgestattet? Welche zusätzlichen Maßnahmen zur Unterstützung der SV-Arbeit erachtet der Senat für notwendig?
2.9. Welche Bedarfe sieht der Senat, das Schulverwaltungsgesetz oder andere Gesetze und Verordnungen anzupassen, um die Mitbestimmungsrechte von Schüler*innen an Schulen zu stärken (beispielsweise durch eine verbesserte Stimmengewichtung für Schüler*innen)?
2.10. Welche Kooperationen bestehen zwischen Jugendverbänden und Angeboten der Offenen Jugendarbeit im Rahmen des Ganztagsausbaus an Schulen? Welche Angebote finden in diesem Rahmen statt?
2.11. Wie hoch lag die Teilnahmequote bei der Juniorwahl 2019 an den einzelnen Schulen im Land Bremen (bitte je Schule die Zahl der Schülerinnen und Schüler angeben, die zum Zeitpunkt der Juniorwahl die Jahrgangsstufe 7 oder höher besucht haben, sowie die Zahl jener, die an der Juniorwahl teilgenommen haben)? Wie bewertet der Senat die Teilnahmequoten und inwieweit sieht er Möglichkeiten, diese noch zu erhöhen?
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