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Antrag der Fraktionen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE

 

Die Digitalisierung aller Lebens-, Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche schreitet unaufhaltsam voran und ist mittlerweile aus dem täglichen Leben der meisten Menschen nicht mehr wegzudenken. Die umfassende Nutzung von Daten, die Vernetzung der Prozesse, der Einsatz neuer Technologien wie künstlicher Intelligenz und eine sich verändernde Kommunikation aller Beteiligten schaffen neue Grundlagen für alle Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft und begründen ebenso veränderte Ansprüche der Bürger:innen an ihre Verwaltung.

Entsprechend muss der Staat eine Vorreiterrolle bei der Digitalisierung einnehmen. Dabei geht es zum einen um seine Kommunikation nach außen, zum anderen auch um interne Prozesse. Nur eine Verwaltung, die die Chancen der Digitalisierung voll nutzt, kann nach innen kostensparend arbeiten und nach außen Bürger:innen sowie die Wirtschaft konstruktiv begleiten und durch eine effektive und schnelle Erledigung von Anfragen, Anträgen auf Genehmigungen oder bei sonstigen Verwaltungsentscheidungen unterstützen.

Auch die Menschen und Unternehmen in Bremen und Bremerhaven erwarten zu Recht ein funktionierendes, online und einfach in Anspruch zu nehmendes Angebot aller wesentlichen Verwaltungsdienstleistungen. Hierbei hat sich Bremen frühzeitig auf den Weg gemacht und zum Beispiel auch im Rahmen der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) im Verbund der Bundesländer bei den übergeordneten Themenfeldern „Familie und Kind“, „Bauen und Wohnen“ oder „Unternehmensführung & -entwicklung“ eine Führungsrolle bei der Entwicklung technischer Lösungen übernommen und diese für die Nutzung anderen Bundesländern und Kommunen zur Verfügung gestellt.

Derzeit bieten Bremen und Bremerhaven über 200 Online-Dienste auf mehreren Plattformen im Internet an. Um die Verwaltungsprozesse für die Menschen in Bremen und Bremerhaven schneller und effektiver zu machen, die Zettelwirtschaft zu beenden und Behördengänge möglichst zu vermeiden, ist es neben einer zunächst grundsätzlich notwendigen Entbürokratisierung und Entschlackung vorhandener Verwaltungs- und Bearbeitungsprozesse notwendig, die digitale Präsenz Bremens und das

Leistungsportfolio der einzelnen Verwaltungsdienstleistungen grundlegend zu überarbeiten sowie die vollständige Digitalisierung und Verknüpfungen der dahinterliegenden Fachverfahren weiter zu beschleunigen.

 

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

 

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

 

  1. ein neues Service-Portal (Plattform als sog. „Single Point of Contact“) zu schaffen, auf dem in Zukunft das gesamte Leistungsportfolio der digitalen Verwaltungsdienstleistungen übersichtlich, barrierefrei und mehrsprachig für die Menschen und Unternehmen in Bremen und Bremerhaven nutzer:innenfreundlich und aus einem Guss zur Verfügung gestellt wird;
  2. bei der hierfür notwendigen Überarbeitung der Software-Ergonomie sicherzustellen, dass die Navigation für Bürger:innen noch einfacher und intuitiver gestaltet wird, indem u. a. alle digitalen Leistungen und Online-Anträge einheitlich strukturiert nach Lebenslagen in wenigen Klicks erreichbar sind und weiter online bearbeitet werden können, möglichst nach dem Once-Only-Prinzip, also dergestalt, dass staatliche Stellen Daten und Nachweise, welche bereits vorliegen, einfach und sicher austauschen können, damit Bürger:innen die erforderlichen Informationen nur noch einmalig übermitteln müssen;
  3. für die vollständige Digitalisierung besonders wichtiger Dienstleistungen und Antragsverfahren ein Fast-Track-Programm aufzulegen und anhand verbindlicher Teilprojekte und konkreter Meilensteine ressortsübergreifend besonders zu steuern mit dem Ziel, schnell zu deutlichen Verfahrensvereinfachungen zu kommen sowie sichtbare Veränderungen und Verbesserungen für die Menschen zügig spür- und messbar zu machen; zu den besonders wichtigen Dienstleistungen zählen: Ausweis- und Meldeangelegenheiten, Baugenehmigungs- und Wohngeldantragsverfahren sowie Kinder- und Familiendienstleistungen;
  4. für ein zentrales Bürger:innenkonto für alle Online-Anträge sowie für ein sicheres und praktikables Anmeldeverfahren zu sorgen und hierfür die Nutzung der eID-Funktion des neuen Personalausweises, der BundID und der elektronischen Identifikation über Online-Bankkonten sicherzustellen. Damit alle Bürger:innen noch einfacher nicht nur Leistungen aus Bremen und Bremerhaven, sondern insbesondere auch von Bundesbehörden in Anspruch nehmen können, ist das Bremer Bürger:innenkonto (Servicekonto) in das neue gemeinsame, bundesweit einheitliche BundID-Konto (Nutzerkonto des Bundes) zu überführen;
  5. eine Möglichkeit für die Menschen in Bremen und Bremerhaven zu schaffen, den Fortgang ihrer Anfragen und Verwaltungsangelegenheiten online zu verfolgen, um damit einerseits sowohl die Anzahl als auch den Aufwand von Rückfragen zum Bearbeitungsstand zu reduzieren sowie andererseits Verwaltungshandeln für die Bürger:innen noch transparenter zu machen;
  6. ein Konzept vorzulegen für ein digitales Bürgeramt als innovatives, neues Angebot; das digitale Bürger:innenamt soll dabei helfen, Behördengänge zu ersparen und das Serviceangebot ergänzen, indem u. a. alle online verfügbaren Dienstleistungen für Bürger:innen, ein ergänzender digitaler Austausch sowie die Erläuterung von Anträgen z. B. mit Hilfe eines neuen, virtuellen Beratungsservice dort angeboten werden; hierbei sind geeignete Lösungen aus anderen Bundesländern und Kommunen wie z. B. das in Zusammenarbeit mit SAP entwickelte virtuelle Bürger:innenamt der Stadt Heidelberg und andere Projekte, die ihre Wirksamkeit in der praktischen Anwendung bereits unter Beweis stellen konnten, hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit und mit Blick auf geeignete Implementierungsstrategien für Bremen und Bremerhaven darzustellen;
  7. für die Umsetzung der Punkte 1 bis 6 nach Möglichkeit Open-Source-Lösungen zu nutzen oder zu entwickeln und auf die Nutzung von Open-Source-Software im Austausch mit anderen Landes- und Bundesbehörden hinzuwirken;
  8. vorhandene Prozesse im Sinne der Produktivität zur Reduzierung von Vor-Ort-Terminen zu optimieren;
  9. auch weiterhin nicht-digitale Zugangswege zu öffentlichen Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, die aus unterschiedlichen Gründen digitale Angebote nicht wahrnehmen können;
  10. dem staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss spätestens sechs Monate nach Beschlussfassung und im Anschluss fortlaufend regelmäßig zu berichten.

 

 

 

Arno Gottschalk, Martin Günthner, Kevin Lenkeit, Anja Schiemann, Falk Wagner, Katharina Kähler, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD

Franziska Tell, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Dariush Hassanpour, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion DIE LINKE