Dringlichkeitsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und DIE LINKE
Die Zahl der Langzeiterwerbslosen im Land Bremen ist hoch. Um Langzeiterwerbslosigkeit zu verhindern, sind Ausbildung, berufliche Weiterbildung und Qualifizierung essenziell. Langfristig soll die Integration von Langzeiterwerbslosen in den Arbeitsmarkt ihre Teilhabe ermöglichen. Dafür müssen Qualifizierungsmaßnahmen sowie intensive und maßgeschneiderte Unterstützung durch die Jobcenter genutzt werden. Allerdings ist ein Teil der langzeiterwerbslosen Menschen derzeit faktisch vom Arbeitsmarkt abgekoppelt und benötigt alternative Ansätze, um durch Beschäftigung dauerhaft teilhaben zu können. Im Land Bremen arbeiten zahlreiche Weiterbildungs- und Beschäftigungsträger eng mit dem Jobcenter zusammen, um den Betroffenen dringend benötigte Perspektiven zu bieten. Diese Zusammenarbeit ist essenziell, um Menschen, die Arbeit suchen oder sich weiterbilden möchten, bestmöglich zu unterstützen.
Allerdings gerieten in diesem Sommer viele dieser wichtigen Angebote in der Stadtgemeinde Bremen in Gefahr, da es an ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten durch das Jobcenter Bremen mangelte. Ohne die notwendigen finanziellen Mittel drohten zahlreiche Programme eingestellt zu werden, was für die Betroffenen gravierende Folgen gehabt hätte. Glücklicherweise konnte kurzfristig eine Lösung gefunden werden, die die Finanzierung dieser beschäftigungsorientierten Programme bis zum Ende des Jahres in Bremen sichert. Diese Lösung ist jedoch nur temporär und verschiebt das Problem in die Zukunft. Die Perspektiven für das Jahr 2025 sind derzeit für beide Jobcenter im Land Bremen ungewiss. Klar ist bereits, dass der geplante Vorgriff auf die Mittel für 2025 in Höhe von bis zu 1,5 Millionen Euro, um die Programme fortzuführen, dem Jobcenter Bremen im nächsten Jahr fehlen werden.
Noch gravierender ist aber, dass es auf Basis des Kabinettsentwurfs zum Bundeshaushalt 2025 aktuell so aussieht, als müssten beide Jobcenter mit erheblichen Kürzungen ihrer Mittel rechnen. Vorläufigen Berechnungen des Bremer Instituts für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufsbildung zufolge stehen für die Jobcenter Bremen und Bremerhaven aktuell Kürzungen von bis zu knapp 14 beziehungsweise 13 Prozent im Raum, wobei ein Teil der Kürzungen durch die Überleitung der Zuständigkeit für Weiterbildungs- und Rehamaßnahmen an die Agentur für Arbeit ausgeglichen würde. Diese Berechnung berücksichtigt aber noch nicht das noch ausstehende parlamentarische Haushaltsverfahren. Der genaue Kürzungsumfang kann erst nach dem Ende der Haushaltsberatungen valide eingeschätzt werden. Trotzdem müssen die Zahlen als eine erste Planungsgrundlage dienen.
Diese potenziellen Kürzungen könnten die Fortsetzung der wichtigen Unterstützungs- und Beschäftigungsangebote ernsthaft gefährden, was wiederum negative Auswirkungen auf die betroffenen Menschen und den Arbeitsmarkt in Bremen haben könnte.
Insbesondere die Zukunft der sogenannten Arbeitsgelegenheiten (AGH-Maßnahmen) ist unsicher. Diese Unsicherheit hat besonders dramatische Auswirkungen, da diese Stellen nicht nur von hoher Bedeutung für die Beschäftigten selbst sind, sondern auch durch die kluge Kombination mit der Deckung von wünschenswerten Bedarfen der Kommune eine wichtige Rolle für die sozialen Strukturen in den Quartieren spielen.
Viele der durch AGH-Maßnahmen geschaffenen Stellen sind auch ein wichtiger Baustein für das Miteinander und die soziale Teilhabe der Quartiere. So arbeiten beispielsweise Küchenhilfen in der Versorgung von Straffälligen und tragen damit zu deren Resozialisierung bei. In Quartierscafés unterstützen sie Orte der Begegnung und Gemeinschaft, die für das soziale Leben in den Stadtteilen unverzichtbar sind. Mitarbeiter*innen in der zu den Regelsystemen ergänzenden Müllentsorgung sorgen für saubere und lebenswerte Umgebungen, was wiederum das Wohn- und Lebensgefühl der Bevölkerung erheblich verbessert. Auch in den Sozialkaufhäusern sind die AGH-Maßnahmen von großer Bedeutung. Diese Kaufhäuser bieten nicht nur günstige Einkaufsmöglichkeiten für Menschen mit geringem Einkommen, sondern fördern auch das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum und Recycling. Mitarbeitende auf Recyclingstationen leisten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur ergänzenden Abfallbewirtschaftung und zum Umweltschutz, was für die gesamte Gemeinschaft von Vorteil ist.
Wenn diese AGH-Stellen aufgrund von Mittelkürzungen im Bund wegfallen, steht auch eine von vielen Menschen geschätzte soziale Infrastruktur in den Quartieren auf dem Spiel. Die betroffenen Maßnahmen gewährleisten nicht nur die Beschäftigung vieler Menschen, die andernfalls möglicherweise keine Arbeit finden würden, sondern sichern auch wertvolle soziale Zusatzangebote. Die Unsicherheit über die Zukunft dieser Maßnahmen gefährdet daher sowohl eine wichtige Teilhabedimension der Beschäftigten als auch die Verbesserung der kollektiven Lebensqualität in den betroffenen Stadtteilen.
Hinzu kommt, dass von den wegfallenden Maßnahmen vor allem Frauen betroffen sind. Die jetzt von Kürzungen betroffenen Beschäftigungsmaßnahmen sind für diese Frauen ein wesentlicher Faktor für ihre Integration und ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit. Für Alleinerziehende sind diese Programme von entscheidender Bedeutung, da sie ihnen nicht nur berufliche Perspektiven eröffnen, sondern ihnen auch die Möglichkeit bieten, ihre Kinder zu versorgen und ihnen ein besseres Leben zu ermöglichen.
Insgesamt zeigen die im Bund geplanten Kürzungen, wie sehr gerade die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft durch solche Maßnahmen getroffen werden. Anstatt ihnen die notwendige Unterstützung zu bieten, um ihre Situation zu verbessern und ihnen eine echte Chance auf Integration und Teilhabe zu geben, werden sie weiter an den Rand gedrängt. Es ist daher dringend notwendig, diesen Menschen, darunter auch vielen Frauen, weiterhin Zugang zu den wichtigen Bildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen zu ermöglichen, um ihnen und ihren Familien eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
Angesichts der geplanten weiteren Kürzungen durch den Bund (Kabinettsbeschluss) ist derzeit zu erwarten, dass weniger Maßnahmen im Jahr 2025 finanziert werden können. Dies bedeutet, dass langfristig wichtige Projekte und Maßnahmen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik in Bremen gefährdet sind und das Kernstück des Bürgergeldes, die aktive Förderung erwerbloser Menschen, konterkariert wird. Um diesem Problem entgegenzuwirken, wurde eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern*innen des Jobcenters, der Arbeitsagentur und des Senats, eingerichtet. Diese Gruppe hat die Aufgabe, Prioritäten zu setzen für eine strategische Planung und Sicherung der arbeitsmarktpolitischen und sozialen Strukturen in den Quartieren. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Zuständigkeit für die Integration erwerbsloser Menschen beim Bund liegt und nicht von den Ländern getragen werden kann. Der Bund ist daher auch verantwortlich für eine ausreichende Finanzierung dieser Maßnahmen, um die Integration und Unterstützung der Menschen zu gewährleisten. Ohne eine angemessene finanzielle Unterstützung durch den Bund ist die erfolgreiche Umsetzung vieler dieser wichtigen Projekte vor Ort gefährdet.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Basem Khan, Katharina Kähler, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
Maja Tegeler, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion DIE LINKE
SPD-Bürgerschaftsfraktion
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