Antrag der Fraktion der SPD
Bremen und Bremerhaven sind eng mit der Entwicklung von Industrie und Häfen verknüpft. Die Wirtschaftsstruktur prägt die historische Entwicklung vieler Bremer und Bremerhavener Quartiere. Diese alten Arbeiterstadtteile haben einst viel zu Wohlstand und Aufstieg unserer Städte beigetragen, mussten in den vergangenen Jahrzehnten aber einen oft schmerzhaften Strukturwandel durchmachen. Nur wenigen alten Arbeiterstadtteilen wie der Neustadt und Findorff ist dank ihrer bevorzugten Wohnlage eine sanfte Transformation geglückt. Auch Hemelingen, Woltmershausen, Walle, Gröpelingen, Blumenthal sowie weite Teile Bremerhavens sollen durch gezielte städtebauliche Impulse und Förderungen ihren stolzen Platz auf der Stadtkarte zurückerobern, gleichwohl sind wirtschaftliche Strukturverluste noch immer städtebaulich und sozialräumlich ablesbar.
Während sich dort also der Strukturwandel des späten 20. Jahrhunderts noch in Bewältigung befindet, kommen neue Erfordernisse des 21. Jahrhundert hinzu: Auswirkungen von Digitalisierung und Trend zum Home-Office auf die Wohnortwahl, Minimierung von Flächenverbrauch und von Verkehren im Sinne des Klimaschutzes sowie die Gewährleistung von Stadtteilgerechtigkeit durch gerechte Verteilung von Integrationsleistungen und die Gewährleistung sozialer Vielfalt durch attraktive Wohnbedingungen sind zusätzliche Herausforderungen für die Entwicklung gerade dieser Quartiere.
Die Gestaltung dieser Transition stellt eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Projekte wie das Tabakquartier oder die Entwicklung der Überseestadt zeigen, dass in dieser Herausforderung auch eine Chance zur Umgestaltung der Quartiere und zur Steigerung der Lebensqualität liegt. Im Zuge der Realisierung des Tabakquartiers wird deutlich, dass Bremen mit seiner Verknüpfung von Wohn- und Arbeitsstätten, gezielter Ansiedlung von Kultur- und Freizeitangeboten und Bewahrung der historischen Identität des Quartiers eine Transformationsleistung erbringen kann, die hochattraktive Quartiere erzeugt: Mehr und attraktiverer Raum zum Wohnen, zum Arbeiten, mehr Grün und Entsiegelung, Vermeidung von Verkehren.
Wichtig ist, die Entwicklung der betroffenen Quartiere nicht nur als einzelne Maßnahme zu betrachten, sondern als gesamtstädtische Aufgabe anzugehen. Deshalb hat Bremen ein Leitbild zur Entwicklung alter Orte der Arbeit zu „Neuen Orten der Produktiven Stadt“ verabschiedet. Diese Entwicklung bietet die Chance, das Land Bremen als den bezahlbaren Wohn- und Arbeitsstandort Nummer 1 im Norden zu etablieren. Sie muss – gerade in Zeiten einer schwächelnden Baukonjunktur – gezielt forciert werden.
Ein möglicher Katalysator kann hierfür die Durchführung einer Internationalen Bauausstellung (IBA) sein. Sie sind ein aus vielen Großstädten bewährtes Sonderformat der Stadtentwicklung, mit dessen Hilfe rund um eine vorgegebene zentrale Fragestellung innovative Lösungen erarbeitet und vorangetrieben werden können. IBAs geben sowohl internationalen Expert:innen Raum, vor Ort noch unbekannte Innovationen einzubringen als auch den eigenen Bürger:innen die Möglichkeit, über innovative Beteiligungsformate die Neugestaltung ihrer Quartiere mitzuentwickeln. IBAs forcieren durch öffentliche Startimpulse die Mobilisierung privater Investitionen und ermöglichen – nicht zuletzt – eine gesteigerte überregionale sowie internationale Wahrnehmung.
Eine IBA im Land Bremen würde die Chance bieten, die große Aufgabe der Transformation von alten Arbeiterquartieren zu neuen modernen Quartieren der produktiven Stadt zu stärken. Durch die Strahlkraft einer IBA wird eine höhere Identifikation der Zivilgesellschaft mit den Zielen der Projekte erreicht. Die in Bremen bereits erzielten Erfolge und noch ausstehenden Bedarfe, „alte Quartiere zu neuem Glanz“ zu bringen, würden von diesen Impulsen profitieren und Bremens Entwicklung hin zum bezahlbaren Wohn- und Arbeitsstandort Nummer 1 im Norden die nötige überregionale Aufmerksamkeit ermöglichen.
Mit der Weiterentwicklung des Vorderen Woltmershausens, des Coca-Cola-/Könecke-Geländes in Hemelingen, der Überseeinsel, dem Kämmerei-Quartier in Blumenthal oder dem Werftquartier in Bremerhaven könnte sich die IBA über beide Städte im Land erstrecken. Neu hinzukommende Areale wie das Gestra-Gelände in Findorff können in die Planung aufgenommen werden.
Die IBA kann aber nicht nur die Umsetzung dieser Projekte beschleunigen und verbessern, sie kann durch neu gelerntes Wissen und eine stärkere Aufmerksamkeit von Akteur:innen der Stadtentwicklung auf Bremen auch den Startimpuls für weitere Quartiersentwicklungen setzen, die heute noch nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Der Hohentorshafen, das Waterfront-Gelände oder der Hemelinger Hafen sind nur beispielhafte weitere Potenzialorte hochattraktiver Arbeits- und Wohnquartiere.
Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
Falk Wagner, Volker Stahmann, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD
SPD-Bürgerschaftsfraktion
Land Bremen
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