ParlamentsTicker

Aus dem Landtag | 07.09.2023

Themen

InneresVerbot von Alkohol und Drogen an Haltestellen
am und um den Bremer Hauptbahnhof
SozialesPflegefamilien besser unterstützen
DebatteKindergrundsicherung:
Erster Schritt in die richtige Richtung
FragestundeReduzierung von Spielhallen

Alkohol- und Drogenverbotrund um den bahnhof

Die Bürgerschaft hat heute ein Gesetz beschlossen, dass den Konsum von Alkohol und Betäubungsmitteln an den Haltestellen am und um den Hauptbahnhof künftig untersagt. „Damit machen wir den Hauptbahnhof zu einem besseren Ort für die Mehrheit der Menschen in unserer Stadt“, betonte der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Kevin Lenkeit.

Kevin Lenkeit
Kevin Lenkeit

„Ab Oktober dieses Jahres werden die Haltestellen am und um den Hauptbahnhof einem einzigen Zweck dienen: auf die nächste Bahn oder den nächsten Bus zu warten“, erklärte Lenkeit und führte aus: „Das subjektive Sicherheitsempfinden, aber auch die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs insgesamt wird durch die Situation an den Haltestellen des Hauptbahnhofes maßgeblich beeinflusst. Deswegen haben wir bereits in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen, um eben jenes Sicherheitsgefühl zu verbessern: Wir haben die Präsenz von Polizei und Ordnungsdienst am Hauptbahnhof merklich aufgestockt. Wir haben die Reinigungsintervalle intensiviert – sicher und sauber lautet unsere Devise. Bereits seit Längerem haben wir eine äußerst erfolgreiche 24/7-Videoüberwachung am Hauptbahnhof installiert – eine Erfolgsgeschichte, kombiniert mit einer besseren Beleuchtung, um Angsträume zu erhellen – unsere Polizei guckt hin und damit stellen wir alle Weichen dafür, dass der Hauptbahnhof ein Ort der subjektiven Sicherheit wird.“

Bereits jetzt gebe es eine Regelung im Ortsgesetz, die das dauerhafte Verweilen auf öffentlichen Flächen zum Zwecke des Konsums von Betäubungsmittel untersage. „Ich bin kein Freund von neuen Regelungen, wenn bestehende Regelungen bereits vorhanden sind, aber ich glaube, wir müssen unserer Polizei und unserem Ordnungsdienst ein funktionierendes gesetzliches Rüstzeug an die Hand geben. Und deswegen gehen wir heute einen Schritt weiter“, erklärte Lenkeit.

Mit der heute beschlossenen, landesrechtlichen Präzisierung, die den Konsum von Alkohol verbiete, erhielten die Ordnungskräfte nun ein solches Rüstzeug und eine vollziehbare Regelung, erklärte Lenkeit und betonte, dass das Alkoholverbot nicht nur eine bestimmte Klientel betreffe – sondern alle. Viele Menschen empfänden es auch als unangenehm, wenn eine große Zahl Fußballfans trinkend und grölend die Haltestellen belagerten. Lenkeit: „In aller Deutlichkeit: Dieses Verbot gilt für uns alle!“

pflegefamilienbesser unterstützen!

Pflegefamilien sollen besser unterstützt werden. Auf Initiative der SPD-Fraktion hat die Bürgerschaft heute einen entsprechenden Antrag der rot-grün-roten Koalition beschlossen. Ziel ist es unter anderem, dass Pflegeeltern einen Anspruch auf Elterngeld erhalten und besser vor Armut im Alter geschützt werden.

Katharina Kähler
Katharina Kähler

„Bundesweit und auch hier in Bremen müssen wir eine ansteigende Entwicklung von Inobhutnahmezahlen bei Kindern und Jugendlichen zur Kenntnis nehmen. Die stationäre Jugendhilfe und das Pflegefamiliensystem stehen hierdurch vor großen Herausforderungen“, erklärte die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katharina Kähler. „Gleichzeitig wird es immer schwieriger, Pflegefamilien zu finden, die bereit und – auch finanziell – in der Lage sind, ein Pflegekind in ihr Familienleben aufzunehmen. Der Pool von potentiellen Pflegefamilien hat sich nach Angaben des hiesigen Fachdienstes ‚Pflegekinder in Bremen (PiB)‘ in den vergangenen Jahren halbiert.“

„Pflegefamilien sind ein elementarer und wertvoller Teil der Jugendhilfe und gesellschaftlichen Engagements. Sie ermöglichen vielen Kindern und Jugendlichen ein Aufwachsen in einem familiären Kontext. Sie leisten wichtige Erziehungsarbeit und tragen zusammen mit dem Kinder- und Jugendhilfesystem dazu bei, dass Kinder auch außerhalb ihrer Herkunftsfamilie gut aufwachsen können. Dabei nehmen sie häufig viele, oft auch persönliche Einschränkungen und Risiken in Kauf“, betonte die Sozialdemokratin und nutzte die Gelegenheit auch, um sich bei allen Pflegefamilien im Land Bremen für ihre wertvolle Arbeit zu bedanken. 

Finanzielle Risiken hindern Familien an Aufnahme von Pflegekindern

„Ein wesentlicher Hinderungsgrund für die Aufnahme von Pflegekindern sind die finanziellen Risiken hinsichtlich des Einkommens, besonders zu Beginn einer Pflegschaftszeit. Diese ist erfahrungsgemäß zeitlich sehr aufwändig, und oft mit einer notwendigen Reduzierung von Erwerbsarbeit bei Pflegeeltern verbunden. Zwar erhalten Pflegefamilien ein monatliches Pflegegeld und haben Anspruch auf Elternzeit, bislang haben sie jedoch keinen Anspruch auf Elterngeld und damit keine Kompensation für eine Reduzierung oder Aussetzung ihrer Arbeitszeit. Sie sind somit anderen Familien gegenüber ganz konkret benachteiligt“, umschrieb Kähler die Problemlage. „Auch die Bundesregierung hat die Problemlage insofern erkannt, dass sie eine Aufnahme von Pflegefamilien in das  Bundeselterngeld als Vorhaben in den aktuellen Koalitionsvertrag geschrieben hat. Eine Umsetzung ist derzeit noch nicht in Sicht, jedoch haben sich unter anderem unsere niedersächsischen Nachbarn auf den Weg gemacht. Sie haben in mehreren Kommunen eine elterngeldähnliche Sonderleistung für Pflegefamilien als Übergangslösung bis zu einer gesetzlichen Regelung auf Bundesebene eingeführt.“

Kähler weiter: „Auch in der Altersvorsorge, insbesondere in der Bereitschaftspflege – also dort, wo potenzielle Pflegefamilien sich in dauerhafter Wartebereitschaft zur Aufnahme neuer Pflegefälle halten – gibt es eine massive strukturelle Benachteiligung für Pflegefamilien. So gelten beispielsweise Bereitschaftspflegezeiten rentenrechtlich nicht als Erziehungszeiten und die finanzielle Unterstützung hinsichtlich einer Altersrentenvorsorge für Pflegeeltern fällt grundsätzlich sehr gering aus. Insbesondere bei Alleinerziehenden, bei Familien mit nur einem Einkommen und generell für alle Familien mit kleinem Einkommen – alle drei Faktoren betreffen Frauen übrigens überdurchschnittlich häufig –  besteht durch die Aufnahme eines Pflegekindes ein erhebliches Armutsrisiko, welches, völlig nachvollziehbar, die Bereitschaft hierzu schmälert und vielfach die Gewinnung neuer Pflegefamilien verhindert.“

„Als Koalition und als SPD-Fraktion stellen wir fest: Pflegefamilien sind in vielerlei Hinsicht strukturell benachteiligt und unterliegen einem erheblichen systemimmanenten Armutsrisiko. Ihr gesellschaftliches Engagement wird durch die geltenden Regelungen nicht ausreichend unterstützt und gewürdigt. Gleichzeitig bestehen ein steigender Bedarf und sinkende Bereitschaft, ein Pflegekind aufzunehmen – und die Ausgestaltung der Voraussetzungen für Pflegschaften beruhen auf einem antiquierten traditionellen Familienmodell und berücksichtigt nicht die Vielfalt von modernen Familien- und Erwerbskonstellationen. Das alles darf so nicht sein!“, fasste Kähler abschließend zusammen. „Ich freue mich deshalb sehr, dass wir innerhalb der neuen Regierungskoalition eine breite Zustimmung zum Vorhaben einer Stärkung und besseren Absicherung von Pflegefamilien haben. Mit unserem Antrag wollen wir auf Bundesebene die Dringlichkeit einer Gesamtlösung aller genannten Problemlagen adressieren und hier in Bremen prüfen, wie eine Übergangslösung bis zu diesem Zeitpunkt aussehen kann, die die Aufnahme von Pflegekindern nicht an finanziellen Hürden scheitern lässt. Damit entlasten wir unsere Pflegefamilien, unser Jugendhilfesystem und schützen diejenigen, die mit am meisten auf unser Unterstützung angewiesen sind: Kinder in Bremen, die nicht in ihrer Herkunftsfamilie aufwachsen können.“

kinDergrundsicherungerster und richtiger schritt

Die Bürgerschaft hat heute in einer Aktuellen Stunde über die geplante Einführung der Kindergrundsicherung debattiert. „Das ist ein erster und richtiger Schritt zur Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland. Weitere müssen aber zweifelsohne folgen“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Katharina Kähler, in ihrer Rede.

Katharina Kähler
Katharina Kähler

„Mit der Entscheidung zur Einführung der neuen Kindergrundsicherung haben wir in einen sehr wichtigen und richtigen Schritt zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut in Deutschland und auch in Bremen gemacht, hinter dem wir als SPD-Fraktion uneingeschränkt und geschlossen stehen und für den sich die Bremer SPD schon seit langem stark gemacht hat“, sagte die Sozialdemokratin. „Wir haben mit ihr einen ersten großen Schritt beschlossen, der es Familien erheblich vereinfacht, die ihnen zustehenden Leistungen komplett zu bekommen, der Leistungen bündelt und übersichtlich und einfach zugänglich macht, einen Schritt, der Bürokratie und Zugangshürden abbaut. Das kann man kaum falsch finden.“

Kähler weiter: „Mit einer Neuberechnung des Existenzminimums erkennen wir an, dass dieses bislang nicht ausreichend ist. Das alles kommt Kindern, und ganz besonders vielen von ihnen in Bremen und Bremerhaven unzweifelhaft zugute, sichert insbesondere Familien mit kleinem Einkommen und hierbei sehr viele Alleinerziehende ab, und es sorgt dafür, dass viele Kinder etwas freier von finanziellen Sorgen ihrer Eltern aufwachsen können.“ 

Gleichwohl betonte sie noch einmal, dass dies nur ein erster Schritt im Kampf gegen Kinderarmut und die soziale Spaltung der Gesellschaft sein könne. Und dieser Kampf sei komplex und müsse auf vielen Ebenen geführt werden. „Eine existenzsichernde finanzielle Unterstützungsleistung ist auch aus unserer Sicht nur ein Teil der Lösung – aber ein ganz elementarer Teil! Wenn das Geld nicht zum Leben und zur sozialen Teilhabe reicht und Kindern kein gutes Aufwachsen und die Aussicht auf Chancengleichheit ermöglicht, ist der elementarste Teil der Absicherung nicht erfüllt! Wenn Bundesfinanzminister Christian Lindner aber gleichzeitig auch noch die Budgets für eben genau jene Leistungen, die er fordert – nämlich für Spracherwerb, Integration und Qualifizierung – deutlich kürzt, wird die Argumentation eines komplexen Lösungsansatzes an dieser Stelle zum Paradoxon. Wer will, dass Menschen in die Lage versetzt werden, sich aus der Armutsfalle selber zu befreien, muss sie befähigen und nicht die Mittel kürzen, die genau dieses zum Zweck haben!“

„Die Einführung der Kindergrundsicherung ist aus Sicht der SPD-Fraktion zweifelsohne der erste wichtige Schritt in eine neue Richtung zur Bekämpfung von Kinderarmut in Deutschland. Weitere müssen folgen“, so Kähler abschließend. „Wie genau diese aussehen sollen, unter anderem auch bei der Neuberechnung des Existenzminimums, darüber werden wir hier, da bin ich mir ganz sicher, auch in Zukunft intensiv streiten. Als SPD-Fraktion stehen wir auf diesem Weg weiter an der Seite armutsbetroffener Kinder und Familien und werden weiter dafür kämpfen, dass der Kampf gegen Kinderarmut auf allen Ebenen mit höchster Priorität geführt wird!“

Spielhallen:stand der genehmigungen nach neuregelung

Wurden entsprechend der aktuellen Gesetzeslage im Land Bremen alle Erlaubnisse von Spielhallen und Wettbüros bis zum 30. Juni 2023 befristet? Und wenn nicht, warum ist dies nicht erfolgt, wann ist mit der Bescheidung zu rechnen und welche Auswirkungen hat das Ausbleiben der Bescheide? Das wollte Mustafa Güngör, Vorsitzender der SPD-Fraktion, heute in der Fragestunde wissen.

Mustafa Güngör
Mustafa Güngör

„Der Senat verfolgt das Ziel, die umfangreichen spielhallenrechtlichen und glückspielrechtlichen Gesetzesänderungen im Verwaltungshandeln zügig umzusetzen.“, antwortete Wirtschaftsstaatsrat Sven Wiebe für den Senat. „Eine Bescheidung aller noch offenen Anträge soll zu Beginn des vierten Quartals abgeschlossen sein. Dazu wurden sämtliche, nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Anpassung spielhallenrechtlicher und glücksspielrechtlicher Vorschriften an den Glücksspielstaatsvertrag 2021 zum 1. Juli 2022 in den Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven erteilten Erlaubnisse für Spielhallen und Wettvermittlungsstellen bis zum 30. Juni 2023 befristet“

Wiebe nannte den aktuellen Sachstand im Detail, erklärte aber auch, dass für den Zeitraum nach dem 1. Juli 2023 zunächst eine Distanzmatrix hinsichtlich der neu festgelegten Abstände zwischen Spielhallen, Wettvermittlungsstellen und Schulen erarbeitet werden musste. „Hierzu mussten zur Festlegung der konkreten Messpunkte für die Abstandsmessung unter anderem Vorortmessungen bei allen 121 Spielhallen durchgeführt werden.“ Wiebe erklärte zudem: „Die Anzahl der nach dem 01.07.2023 erlaubt betriebenen Spielhallen und Wettvermittlungsstellen wird sich deutlich reduzieren. Allerdings ist davon auszugehen, dass Betreiber:innen von Spielhallen den Rechtsweg beschreiten, so dass bis zur endgültigen Schließung der Stätten noch geraume Zeit vergehen könnte.“

Mustafa Güngör fragte nach, ob diese Distanzmatrix nicht auch digital erstellt werden könne, was Wiebe nicht beantworten konnte und ankündigte, die entsprechende Information nachzureichen. Zudem wollte Güngör wissen, ob im Falle einer erneuten Anpassung an der Regelung auch die gesamte Matrix neu erstellt werden müsse, oder ob auf Basis der nun erarbeiteten Matrix mit einer zügigen Bearbeitung der Anträge zu rechnen sei. Dazu erklärte Wiebe, dass bei Anpassungen in der Tat eine neue Matrix erstellt werden müsse, diese aber auf den jetzt durchgeführten Arbeiten aufsetzen könne, was den ganzen Prozess beschleunige.

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V.i.S.d.P.:
Andreas Reißig

Redaktion:

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