ParlamentsTicker

Aus dem Landtag | 20. Dezember 2023

nachtragshaushaltbeschlossen

Die Bürgerschaft hat heute in Zweiter Lesung einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr beschlossen. Zugleich hat sie eine außergewöhnliche Notsituation festgestellt, die Ausnahmen von der Schuldenbremse in der Landesverfassung zulässt. Nötig geworden war der Beschluss aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses Urteil besage auch, dass die Politik einen Spielraum bei der Beurteilung einer solchen Notlage habe. „Das Gericht hat betont, dass diesen Spielraum vor allem das Parlament besitzt“, erklärte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Arno Gottschalk, in seiner Rede, „und diesen Auftrag nehmen wir heute an.“

Mit dem heutigen Beschluss reagiere das Parlament auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, dass sich gegen den Nachtragshaushalt des Bundes richte, von dem die Bundesländer aber mitbetroffen seien, führte Gottschalk aus. „Auch wir in Bremen sind in einem Punkt mitbetroffen und durch das Urteil überrascht worden. Die enge und strenge Auslegung der Prinzipien der Jährlichkeit, Jährigkeit und Fälligkeit haben wir so nicht erwartet. Und wenn die Opposition nun behauptet, dies sei absehbar gewesen, dann kann ich nur entgegnen: Nein! Die jetzige Auslegung wurde in der juristischen Literatur zwar vertreten, sie war aber nicht die herrschende Meinung. Und schon gar nicht war sie die gängige Praxis im Bund und in den Ländern.“
 

Einen zentralen Kritikpunkt des Verfassungsgerichtes habe Bremen zudem von vornherein zu vermeiden versucht, so der Sozialdemokrat weiter. So hätten die Karlsruher Richter:innen bemängelt, dass beim Bund Sondervermögen mit Mitteln ausgestattet worden seien, die nicht mehr vom Parlament kontrolliert werden könnten. „Diesen Weg haben wir gerade nicht gewählt“, betonte Gottschalk. „Wir haben zur Bekämpfung der Ukrainekrise, der Energiepreis-Krise, der Klimakrise, aber auch für den Bremen-Fonds Kreditermächtigungen in den Haushalt eingestellt, und für uns war klar, dass bei der konkreten Umsetzung die parlamentarischen Gremien immer eingebunden werden. Insofern haben wir in Bremen nicht gegen Sinn und Zweck von Ausnahmen zur Schuldenbremse verstoßen, wir sind aber von den formalen Anforderungen, die sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ergeben, mitbetroffen.“

Erfolgreiche Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Folgen

Betroffen sei hier zum einen der Bremen-Fonds. Ende 2022 seien hier noch insgesamt 410 Millionen Euro als Kreditermächtigungen verbucht gewesen – und man sei davon ausgegangen, dass diese auch 2023 noch genutzt werden könnten und dazu kein weiterer Beschluss einer Notsituation erforderlich sei. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes lasse dies nun nicht mehr zu. „Dies heilen wir nun, indem die getroffenen Maßnahmen im Nachtragshaushalt maßnahmenscharf veranschlagt werden und indem wir die Nachsorge für die Coronakrise als zusätzliches Krisenelement in die Feststellung der außergewöhnlichen Notlage einbringen“, erklärte Gottschalk. „Dabei geht es darum, Maßnahmen zur Abmilderung und Nachsorge zu finanzieren, die 2022 begonnen, und 2023 fortgesetzt wurden – von der Pandemieresilienz von Kliniken und Krankhäusern und dem Aufholen nach Corona im Schulbereich über nachlaufende Kosten von Impfzentren sowie der Finanzierung der Aussetzung der Tariferhöhung bei der BSAG bis hin zur Fortsetzung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, dem Ausgleich von Mindereinnahmen von Unternehmen und insbesondere Eigenbetrieben oder dem Abmildern der mentalen Auswirkungen der Coronakrise, etwa durch die FreiKarte.“

Gottschalk betonte: „Das Gesamtkonzept in Bremen war erfolgreich! Das sehen wir daran, dass wir wirtschaftlich am besten aus der Krise gekommen sind. Es wäre kontraproduktiv gewesen, bereits beschlossene und wirksame Maßnahmen schlagartig Ende 2022 abzubrechen. So bekämpft man keine Krise – man muss jede Krise auch nachsorgen.“

Betroffen seien aber auch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Folgen des Krieges in Ukraine, der Energiepreis-Krise sowie der Klimakrise. Für die ersten beiden Punkte seien vorsorglich 500 Millionen Euro bereitgestellt worden, weil nicht absehbar gewesen sei, in welchem Ausmaß Unterstützung geleistet werden müsse. Davon seien 275 Millionen Euro ausgegeben worden, die nun im Nachtragshaushalt maßnahmenscharf verbucht würden. „Es war gut, dass wir diese Mittel hatten und einsetzen konnten“, sagte Gottschalk, „und dass wir sie nicht in vollem Umfang verbraucht haben, ist vielleicht auch eine erfreuliche Nachricht, weil sich die allerschlimmsten Befürchtungen nicht erfüllt haben.“

Klimakrise bleibt auf der Agenda

Die übrigen 225 Millionen Euro flössen nun in eine Sondertilgung. Das gelte auch für die Mittel, die für Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakrise veranschlagt waren. 2,5 Milliarden Euro seien dafür an Rücklagen und Kreditermächtigungen für Maßnahmen bis zum Jahr 2027 vorgesehen gewesen, davon 235 Millionen Euro für Maßnahmen in diesem Jahr. Mit dem heute beschlossenen Nachtragshaushalt flösse nun ein Großteil des Geldes in eine Sondertilgung – zum einen, die 2,265 Milliarden Euro, die für die kommenden Jahre veranschlagt waren, zum anderen aber auch jenes Geld, das nach der maßnahmenscharfen Abrechnung in diesem Jahr nicht ausgegeben werden konnte. Denn aus verschiedenen Gründen hätten nicht alle Maßnahmen, die geplant waren, auch umgesetzt werden können. So seien in diesem Jahr nur 86 Millionen Euro auch tatsächlich ausgegeben worden, bedauerte Gottschalk und erklärte: „Diese Maßnahmen werden nicht gänzlich gestrichen, wir können sie nur in diesem Jahr nicht mehr finanzieren. Nach dem Karlsruher Urteil können die Gelder nicht im Haushalt stehen bleiben – die Maßnahmen bleiben aber auf unserer Agenda.“

Zum Schluss seiner Rede begründete Gottschalk noch einmal, warum der Beschluss der außergewöhnlichen Notlage notwendig und richtig sei. „Dieser Beschluss ist ein Schritt nach vorne, der am Anfang stehen muss – und wir werden die Begründung um die Coronakrise ergänzen. Die Coronakrise, der Ukrainekrieg, die Energiepreis-Krise und die Klimakrise sind jede für sich, insbesondere aber in ihrem Zusammentreffen eine Notlage, die sich er Kontrolle Bremens entzieht und die Finanzlage erheblich beeinträchtigt“, sagte er. „Das Bundesverfassungsgericht hat uns gesagt, was wir haushaltstechnisch nicht dürfen. Es hat aber auch gesagt, was wir dürfen und welchen Spielraum die Politik bei der Einschätzung und Beurteilung einer Notlage besitzt. Diesen Spielraum, so hat es das Gericht betont, hat vor allem das Parlament. Und diesen Auftrag nehmen wir heute an.“

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