ParlamentsTicker

Aus dem Landtag | 18. April 2024

Themen

DebatteHaushalt
FragestundeLandesaktionsplans gegen Queerfeindlichkeit
FragestundeStudiengang Pflege
BetriebsverfassungsgesetzTransformation braucht Mitbestimmung
GesetzLeitung der Landesantidiskriminierungsstelle
Bargeld

Doppelhaushalt 2024/25: „Wir investieren in die Zukunft dieses Landes“

Die Bremische Bürgerschaft hat heute in erster Lesung über den Doppelhaushalt für 2024 und 2025 debattiert. „Wir haben unsere Finanzen und unser Schuldenmanagement weiter unter Kontrolle. Wir setzen Prioritäten in einem insgesamt engen Haushalt. Und wir investieren in die Stabilität und die Zukunft dieses Landes“, betonte der haushalts- und finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Arno Gottschalk.

Dieses Bild zeigt Arno Gottschalk
Arno Gottschalk

Der SPD-Abgeordnete erklärte, es sei ein Haushalt in schwierigen und herausfordernden Zeiten. „Er zeigt, dass wir uns nicht alles leisten können, was wünschenswert wäre. Er enthält aber gleichwohl Verbesserungen in wichtigen Bereichen. Zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer, zusätzliche Ausbildungsplätze für Pädagogen und Erzieherinnen, zusätzliche Polizistinnen und Polizisten, zusätzliche Mittel für die Wohnraumförderung, zusätzliche Mittel für Gewerbeflächen, zusätzliche Mittel für die breite Absicherung der kulturellen Szene und Einrichtungen, Mittel für die Verlagerung des Fachbereichs Rechtswissenschaft in die Innenstadt und vieles mehr.“

CDU: Unverantwortliche finanzpolitische Schizophrenie

Im Blick auf die Opposition erläuterte der Finanzexperte, einerseits fordere die CDU noch mehr Geld für Bildung, für Kitas oder für die innere Sicherheit. Andererseits sei der Senat angeblich unwillig zum Sparen und gebe zu viel Geld aus. „Diese finanzpolitische Schizophrenie ist ein Privileg der Opposition – aber sie kann nie und nimmer die Orientierung für eine Regierung sein.“

Der Haushaltspolitiker wies außerdem die Kritik an der Aufnahme von 1,3 Milliarden Euro neuen Schulden als „unverantwortlich“ zurück. Dies gelte erstens für die Einrichtung der beiden neuen Gesellschaften; 600 Millionen Euro Eigenkapital für die geplante Schulbaugesellschaft und die Stadtentwicklungsgesellschaft. „Mit diesem Eigenkapital werden Immobilien gekauft, Schulen gebaut, Schulen saniert – das heißt, es werden Werte geschaffen“, so Arno Gottschalk. „Wir werden durch diese 600 Millionen nicht ärmer, sondern die Werte stehen in anderen Bereichen bereit.“

Dies gelte zweitens für die 300 Millionen Euro, die in das neue Sondervermögen für die wirtschaftliche Transformation einfließen sollen. „Das sind Investitionen in Arbeitsplätze, Investitionen in die Erschließung der Wasserstoffwirtschaft, Investitionen für eine neue Wertschöpfung!“

Und dies gelte drittens für die 400 Millionen Euro zur Stabilisierung der Bremer Straßenbahn AG, des Klinikverbundes (Geno) sowie für die Aufwendungen für Geflüchtete. „Bei diesen notlagenbedingten Krediten will die CDU nicht mitstimmen. Schlimmer noch: Sie will auf jeden Fall vor dem Staatsgerichtshof klagen. Und dafür fehlt mir jedes Verständnis“, rief Arno Gottschalk. „Wollen Sie klagen, damit wir die Kosten für die Geflüchteten aus Zuwendungen für Vereine und soziale Einrichtungen heraussparen? Wollen Sie klagen, dass wir die Solidarität aufkündigen? Weiter klagen, damit die begonnenen Sanierungen von Hochschulgebäuden, Schulen und Klinikgebäuden abgebrochen werden? Klagen, damit die BSAG in ein brutales Sanierungsprogramm gestürzt wird, bei dem sie ihr Angebot drastisch einschränken müsste? Und schließlich klagen, damit die Geno sturmreif geschossen wird für private Investoren? Das ist doch Ihre neue Idee, die Sie haben!“

Schulden real gesunken

Auch im Blick auf die Entwicklung der Schulden wies der Haushaltsexperte die Kritik von Seiten der Opposition „mit einer nüchternen und tiefergehenden Betrachtung“ zurück. So seien in den letzten Jahren nicht nur sowohl die Schuldenquote als auch die Zinssteuerquote im Land merklich gesunken, sondern dies gelte auch für die realen, also inflationsbereinigten Schulden. Diese seien seit 2019 tatsächlich um 1,5 Milliarden Euro abgesunken. „Und da laufen Sie rum und sprechen von einer Schuldenorgie. Das Problem besteht darin, dass Sie nominal und real nicht auseinanderhalten können und diese Bilanzen überhaupt nicht verstehen“, verdeutlichte Arno Gottschalk. „Das ist die Wahrheit in diesem Bereich!“

Umsetzung des Landesaktionsplans gegen Homo-, Trans- und Interphobie

Welche Schritte hat der Senat bereits unternommen, um in einem gemeinsamen Prozess mit Vertretenden der LGBTIQ*-Community den diesbezüglichen Landesaktionsplan neu aufzulegen? Auf welche Weise gedenkt der Senat die queerpolitischen Belange ressortübergreifend zu berücksichtigen? Und wie weit ist der Senat damit, in jedem Ressort eine Zuständigkeit für die Umsetzung des Landesaktionsplans zu benennen? Das wollte die Sprecherin für Gleichstellung, Selin Arpaz, in der Fragestunde wissen.

Laut der schriftlichen Beantwortung des Senats wurde bereits ausgiebig über die Fortschreibung des Landesaktionsplans und ein Format der Beteiligung gesprochen: „Im Kern haben die Träger sich bereit erklärt, mit ihrer Expertise den Ressorts und dem Magistrat für Fragen zur Verfügung zu stehen.“ Des Weiteren sieht der Senat queerpolitische Belange als Querschnittsthemen, die alle Ressorts und die jeweiligen Bereiche betreffen. Zur Umsetzung des Plans in den eigenen Häusern äußerte sich der Senat wie folgt: „An den Sitzungen des Queerpolitischen Beirats nehmen grundsätzlich alle Ressorts teil.“ Die überwiegende Mehrheit der Ressorts hat demnach bereits Ansprechpersonen benannt.

Selin Arpaz
Selin Arpaz

Internationaler Studiengang Pflege

Wie bewertet der Senat den Abschluss der ersten sechs Absolventinnen und Absolventen des Internationalen Studiengangs Pflege der Hochschule Bremen in pflege- und wissenschaftspolitischer Hinsicht? Wie stark ist der Studiengang derzeit ausgelastet, welche Entwicklungstendenz zeichnet sich dabei ab und welche Notwendigkeit und Möglichkeiten sieht der Senat zur Nachsteuerung im Marketing des Studiengangs? Und welche Erkenntnisse hat der Senat zur erfolgreichen Aufnahme einer Beschäftigung im Land Bremen und den Arbeitsfeldern der Absolventinnen und Absolventen? Das wollte die wissenschaftspolitische Sprecherin der Fraktion, Janina Strelow,  in der Fragestunde wissen.

Janina Strelow
Janina Strelow

„Mit dem Abschluss der ersten Absolventinnen und Absolventen im Internationalen Studiengang Pflege wurde ein bedeutender Meilenstein bei der Akademisierung der Gesundheitsfachberufe sowie beim Aufbau des Gesundheitsschwerpunkts an der Hochschule Bremen erreicht“, so die Antwort des Senats. Die Hochschule zähle damit zu den Vorreitern beim Aufbau akademischer Angebote für systemrelevante Berufe im Gesundheitssektor. Die ersten Absolventinnen und Absolventen würden wesentlich zur weiteren Entwicklung des gesamten Studienablaufs beitragen. Außerdem stellten die Absolventinnen und Absolventen mit ihrem Abschluss eine qualitativ hochwertige pflegerische Versorgung sicher.

Laut dem Senat stünden aktuell im Internationalen Studiengang Pflege 40 Studienplätze pro Jahr zur Verfügung. Als ein entscheidender Faktor zur Attraktivitätssteigerung des Studiums wird dabei das Inkrafttreten des Pflegestudiumstärkungsgesetzes zum Januar 2024 gesehen. Damit hätten die Studierenden den Anspruch auf den Abschluss eines Ausbildungsvertrags mit einer entsprechenden Vergütung. Der Senat geht davon aus, dass diese Änderung einen positiven Effekt auf die Bewerbungslage haben wird. Zur Vermarktung des Studiengangs hält der Senat fest, dass die Internationalität und der ausgeprägte Forschungsbezug des Studiengangs bereits Alleinstellungsmerkmale des Bremer Angebots darstellen würden.

Transformation braucht Mitbestimmung

Die Bürgerschaft hat sich heute für eine Reform des Betriebsverfassungsgesetzes ausgesprochen. Unter dem Motto „Transformation braucht Mitbestimmung“ fordern die Koalitionsfraktionen den Senat auf, sich im Bundesrat für eine zeitgemäße Reform des Gesetzes einzusetzen.

Volker Stahmann
Volker Stahmann

Hintergrund sind die grundlegenden Veränderungen in der Arbeitswelt. Ob demografischer Wandel, Digitalisierung oder eben die Transformation der Wirtschaft auf sozial-ökologischer Basis – viele in der heutigen Berufswelt relevante Aufgaben werden nach derzeitiger Gesetzeslage nicht ausreichend berücksichtigt. „Wir haben ganz andere Verhältnisse als damals“, führte Volker Stahmann in der Plenardebatte aus. „Es gab damals kein mobiles Arbeiten. Es gab kein Homeoffice. Diese Dinge sind heute nicht geregelt. Der Betriebsbegriff im Betriebsverfassungsgesetz endet am Werkzaun. Das ist aber nicht mehr die Praxis“, so der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion.

Unternehmen und Betriebe könnten die neuen Herausforderungen nur dann erfolgreich bestehen, wenn die Beschäftigten in den Veränderungsprozess eingebunden und die Weichen für wesentliche Zukunftsentscheidungen – zum Beispiel im Blick auf die Personalplanung – gemeinsam gestellt würden, erklärte Volker Stahmann. „Deshalb wollen wir eine große Reform der Betriebsverfassung – und den Betriebsräten bessere Bedingungen für ihre Arbeit, mehr Schutz und umfassendere Mitbestimmungsrechte geben.“

 

Landesantidiskriminierungsstelle

Die vor zwei Jahren beschlossene, neue Landesantidiskriminierungsstelle steht kurz vor ihrem Start. Die Bürgerschaft hat heute ein Gesetz beschlossen, die diese neue Stelle endgültig auf den Weg bringt.

„Diskriminierung kann jede und jeden treffen. Um diskriminiert zu werden, reicht es manchmal, ‚zu‘ alt oder ‚zu‘ jung zu sein, schwanger zu sein oder eine dauerhafte Erkrankung zu haben“, wie Mehmet Ali Seyrek, Sprecher für Antidiskriminierung der SPD-Fraktion, in der Parlamentsdebatte ausführte. „Bestimmte Gruppen haben ein erhöhtes Risiko, Benachteiligungen zu erfahren.“

Diskriminierungserfahrungen behinderten das individuelle Leben – sie könnten Ängste, Einsamkeit und Wut auslösen, manchmal sogar Einschränkungen in der eigenen Entwicklung oder gesundheitliche Probleme nach sich ziehen, erklärte Ali Seyrek. Mehr noch: „In unserer Gesellschaft ist Diskriminierung Gift für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für das Wir-Gefühl!“

Diskriminierung aufgrund von Alter, Behinderung, Geschlecht, sexueller Identität, Religion und Weltanschauung sowie Herkunft sei zwar seit 2006 verboten. Es brauche dafür aber Strukturen und Akteure vor Ort, die die Gesellschaft für das Thema sensibilisieren, Betroffene über ihre Rechte aufklären und sie beraten und unterstützen, so der Sozialdemokrat weiter.

Anlaufstelle für alle Betroffenen

Die Landesantidiskriminierungsstelle solle hier eine zentrale und vertrauensvolle Anlaufstelle für alle Betroffenen von Diskriminierung sein. Sie soll die Betroffenen über Rechte aufklären und – wenn nötig – an eine spezialisierte Beratungsstelle des Bremer Netzwerks gegen Diskriminierung weiterleiten. Und: Sie soll ganz konkret bei der Durchsetzung von Rechten helfen.

Die Antidiskriminierungsstelle werde vor diesem Hintergrund eine umfassende Vernetzung aller Akteure, Initiativen und Projekte in diesem Bereich vornehmen und die Qualität der Beratungen durch regelmäßige Fortbildungen fördern. Dafür brauche es – wie es das Gesetz vorsieht –einschlägige Erfahrung und Sachkunde auf Leitungsebene.

„Wir als SPD stehen in einer Zeit, in der rechte Parteien auf dem Vormarsch sind und die Vielfalt und den Zusammenhalt unserer Gesellschaft bedrohen, für eine bewusste Antidiskriminierungspolitik“, machte Seyrek abschließend deutlich. Die Antidiskriminierungsstelle sei für ihn dabei ein ganz wesentlicher Akteur.

Ali Seyrek
Ali Seyrek

SPD-Bürgerschaftsfraktion
Land Bremen

Wachtstraße 27/29
28195 Bremen

V.i.S.d.P.:
Andreas Reißig

Redaktion:

Andreas Reißig, Anja Wichitill, Luisa Greenlees

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