In der Diskussion

Positionspapier der SPD-Bürgerschaftsfraktion Bremen

 

Viele der öffentlich genutzten Gebäude in Bremen weisen einen erheblichen Sanierungsstau auf. Hinzu kommt, dass sich die Arbeitswelt einem stetigen Wandel ausgesetzt sieht. Der öffentliche Gebäudebestand muss diesen Herausforderungen und dem Wandel begegnen. Neben der Herstellung von guten Arbeitsplatzbedingungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes muss sich der Gebäudebestand neuen Arbeitsmodellen, wie z. B. Desk-Sharing und mehr Home-Office-Möglichkeiten anpassen. Gleichzeitig sind die finanziellen Spielräume Bremens beschränkt und es gilt, die vorhandenen Mittel wirtschaftlich und effizient einzusetzen. Eine wirtschaftliche Bewirtschaftung des öffentlichen Immobilienbestandes kann außerdem Mittel für politische Schwerpunktsetzungen und Maßnahmen freisetzen.  Durch räumliche Zusammenlegungen von Behörden und Dienststellen können außerdem Vernetzungen zwischen den Ressorts gestärkt und Infrastruktur gemeinsam genutzt werden (z. B. Besprechungsräume).

Die Ausgangslage

Während die durch die Bremer Kernverwaltung genutzte SVIT-Mietfläche von 2010 (1.229.625 m²) bis 2023 (1.245.477 m²) relativ konstant geblieben ist, hat die bei Dritten angemietete Fläche im selben Zeitraum um fast 81 Prozent zugenommen. Wurden 2010 noch 166.737 m² extern angemietet, waren es 2023 bereits 301.460 m². Diese Entwicklung wirkt sich auch auf die zu zahlenden Mieten an Dritte aus, die im selben Zeitraum um fast 147 Prozent auf mittlerweile 31.398.660 Euro pro Jahr gestiegen sind. Es ist an der Zeit, dass es zu einer Umkehr dieses Trends kommt und wieder mehr Mietfläche städtisch zur Verfügung gestellt wird. Hierfür bietet sich aktuell eine gute Gelegenheit. Bis 2027 laufen die Mietverträge für über 70.000 m² aus – 2025 allein für rund 36.000 m². Es gilt in einem ersten Zwischenschritt diese Mietverträge durch ein strategisches Immobilienmanagement in den kommenden Jahren zu reduzieren und die vorgenannte Gelegenheit zu nutzen.

Auch schaffen die sich in der Gründung befindenden Bildungsbaugesellschaft sowie die Hochschulbaugesellschaft weitere Handlungsspielräume für die städtische Bereitstellung von Immobilien. Aus Sicht der SPD-Bürgerschaftsfraktion bedarf es für eine Neujustierung der Bremischen Immobilienpolitik einer übergreifenden Immobilienstrategie, die sowohl für eine effiziente Nutzung und Beschaffung sorgt als auch auf eine weitsichtige, wirtschaftliche Bewirtschaftung des öffentlichen Immobilienbestandes zielt. Hierfür lohnt sich u. a. der Blick auf die Hamburger Immobilienstrategie.

Das Hamburger Modell

Die Hamburger Immobilienstrategie basiert auf drei Säulen für ein professionelles Bau- und Gebäudemanagement: dem Mieter-Vermieter-Modell, dem Wettbewerb und dem Benchmarking zwischen den Realisierungsträgern und dem immobilienwirtschaftlichen Managementmodell mit einheitlichem Controlling. Das Mieter-Vermieter-Modell sorgt durch die klare Aufteilung von Verantwortlichkeiten sowie Aufgaben für bessere Entscheidungsfindungen und somit zu einer Professionalisierung und Effizienzsteigerung. Die Mieter (Bedarfsträger und ihnen zugeordnete Einrichtungen) konzentrieren sich auf ihre Bedarfe und die Verwendung der dazu aufzuwendenden Ressourcen. Die Vermieter (städtische Realisierungsträger) sind verantwortlich für den baulichen Zustand sowie die Funktionsfähigkeit der Immobilien und haben dabei die langfristigen Kosten im Blick. Teil der Hamburger Immobilienstrategie ist ein Wettbewerb der Realisierungsträger hinsichtlich der Ziele Geschäftsergebnis, Werterhalt der Immobilien, Nutzerzufriedenheit und günstige Mieten. Als Struktur dient ein Immobilienkonzern mit übergreifendem Portfoliomanagement und breit aufgestellten Immobilienunternehmen. Die politische und somit strategische Steuerung unterliegt dem Senat. Das Portfoliomanagement liefert einen Überblick über den Immobilienbestand sowie dessen Kosten und Wert. Letztlich sind die Realisierungsträger verantwortlich für die Zielerreichung und Instandhaltung des Teilportfolios und führen das operative Geschäft aus. Für die Steuerungswirkung findet ein einheitliches strategisches und operatives Controlling auf allen Managementebenen statt.

Die Vorteile einer einheitlichen Immobilienstrategie

Die Vorteile einer einheitlichen Immobilienstrategie liegen auf der Hand. Teile der Hamburger Immobilienstrategie können als Vorbild dienen. Es findet eine konsequente Umsetzung des Mieter-Vermieter-Modells statt. Aus Mietersicht gibt es eine einfache Struktur, da der Realisierungsträger als einheitlicher Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Mietobjekt dient. Zudem herrscht Kostentransparenz. Eine nachhaltige Vermögensverwaltung sorgt für Werterhalt bzw. Wertsteigerungen des Immobilienbestandes. Die Stadtgemeinde ist an allen wichtigen Entscheidungen beteiligt und kann so flexibel agieren. Sie sorgt zudem für günstige Finanzierungskonditionen – insbesondere bei Vermietungen an die städtischen Bedarfsträger beziehungsweise deren Einrichtungen. Bei solchen Vermietungen ist die Gesellschaft nicht am Markt tätig und fällt somit nicht unter den Anwendungsbereich der Beihilferegeln.

Eckpunkte einer bremischen Immobilienstrategie

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion spricht sich aus den genannten Gründen für eine Bremer Immobilienstrategie aus. Sie soll folgende Aspekte berücksichtigen:

  1. Stärkung des strategischen Immobilienmanagements beim Senator für Finanzen, auch unter Hinzuziehung der Ausgliederungen und von öffentlichen Gesellschaften, im Sinne einer Konzernstrategie. Hierdurch soll eine übergreifende Flächenbedarfsplanung und bei Neubauvorhaben eine ganzheitliche Betrachtung ermöglicht werden. Bei Standortentscheidungen sind alle Stadtteile in den Blick zu nehmen.
  2. Die ganzheitliche Betrachtung bei Neubau- und Sanierungsvorhaben muss dazu führen, dass immer auch geprüft wird, ob ggf. andere Nutzende bei der Bauplanung und in der Umsetzung mitberücksichtigt werden. Zum Beispiel könnte beim Bau einer Schule geprüft werden, ob andere Verwaltungseinheiten oder Verwaltungsangebote (zum Beispiel vom Amt für Soziale Dienste) mit untergebracht werden können. Hierdurch können auch Verwaltungsangebote an bestimmten Standorten gebündelt werden.
  3. Die Weiterentwicklung von Immobilien Bremen zu einem Immobiliendienstleister, der in die Lage versetzt wird, Neubau- und Sanierungsvorhaben (insbesondere auch die energetische Sanierung) effektiv und kostengünstig abwickeln zu können. Hierbei ist auch die Ermöglichung von Kreditfinanzierungen zu prüfen.
  4. Eine klare Rollenverteilung zwischen Mietern (Ressorts und zugeordnete Einrichtungen) und Vermietern (bspw. Schulbau- oder Hochschulbaugesellschaft).
  5. Eindeutige und transparente Kriterien für Neubau- und Anmietungsvorhaben der Ressorts. Dabei sollte auch ein Anreizsystem für die Senatsressorts geschaffen werden, welches bei Umsetzung der Konzernstrategie zu finanziellen Spielräumen in den Einzelhaushalten führt.
  6. Einführung eines Benchmark-Systems zwischen den verschiedenen Immobiliengesellschaften Bremens, das beispielsweise Kennzahlen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, Service und Nutzerzufriedenheit sowie ein Energiemanagement umfasst. Dies soll auch als Maßstab für das Gehaltsgefüge der Geschäftsführungen sowie der Führungskräfte dienen.
  7. Festschreibung eines gesetzlichen Vorrangs für Erbpachtvergabe für die Vergabe öffentlicher Flächen, um den Zugriff auf Grundstücke nicht zu verlieren und Handlungsfähigkeit für die Zukunft zu sichern.
  8. Eine Überprüfung und Reduzierung der Flächenbedarfe insbesondere, auch mit Blick auf veränderte Arbeitsrealitäten (mobiles Arbeiten, Homeoffice, Desk-Sharing etc.). Die Bereitstellung der notwendigen Flächen im Konzerneigentum ist zu stärken, was mit einer Reduzierung von Fremdanmietungen verbunden ist. Vor Abschluss eines Mietvertrages ist standardmäßig der Ankauf der betreffenden Immobilie zu prüfen bzw. beim Eigentümer abzufragen.
  9. Beseitigung der Hürden einer Bedarfsträgerschaft, um mehrere Behörden und Einrichtungen gegebenenfalls in einem Gebäude unterbringen zu können.
  10. Die Absenkung von Baustandards und die Beschleunigung von Genehmigungsprozessen durch eine Verschlankung von Genehmigungs- und Gremienverfahren. Zu Beginn von Planungsverfahren sind Nutzerwünsche verbindlich und abschließend festzulegen, um spätere Planungsänderungen zu vermeiden.