
Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Wirtschaftskriminalität und Geldwäsche schädigen die Allgemeinheit und haben so einen massiven Einfluss auf das alltägliche Leben der Menschen in Bremen. Allerdings sind sie nicht so sichtbar wie Straftaten, die auf offener Straße begangen werden und werden deshalb weniger wahrgenommen.
Schätzungen zufolge beläuft sich die Schattenwirtschaft in Deutschland auf Hunderte Milliarden Euro jährlich. Steuerhinterziehung allein verursacht einen Schaden von rund 200 Milliarden Euro im Jahr. Diese Zahlen umfassen die Abschöpfung von sogenannter Schwarzarbeit ebenso wie Gelder, die durch Betrug, Erpressung, Drogen- und Menschenhandel und andere Straftaten erbeutet werden. Organisierte Kriminalität ist dabei teilweise ebenso gut organisiert wie große Konzerne, mit professionellen Angestellten, die darauf spezialisiert sind, die Herkunft des Geldes und Eigentümer von Immobilien und Unternehmen zu verschleiern.
Zwischen einem Sechstel und einem Drittel aller kriminell erlangten Vermögenswerte werden in Immobilien investiert. So führt die Nutzung von Wohn- und Gewerbeimmobilien als Anlageobjekte zu Marktverzerrungen und trägt zu Preissteigerungen bei. Der dadurch entstehende Schaden betrifft nicht nur direkt betroffene Opfer, sondern die Gesellschaft insgesamt. Zur wirksamen Verfolgung der zugrundeliegenden Straftaten benötigen Strafverfolgungsbehörden moderne Analyseinstrumente, um komplexe Verflechtungen schnell sichtbar zu machen und den besorgniserregenden Einfluss, den die organisierte Kriminalität inzwischen auch auf die reguläre Wirtschaft ausübt, zu begrenzen.
Das Land Berlin nutzt seit dem Jahr 2021 in mehreren Behörden das OSINT-Datenbankassistenzsystem ORBIS, das die Möglichkeit bietet, internationale Unternehmens- und Personalnetzwerke effizient zu erkennen und zu analysieren.
Inzwischen verfügen auch das Bundeskriminalamt, der Bundesnachrichtendienst, die Steuerfahndung des Bundeszentralamtes für Steuern, sowie Behörden in Baden-Württemberg und Hessen über Zugänge zu ORBIS. In der bremischen Finanzverwaltung wird ORBIS von Betriebsprüfung und Steuerfahndung seit 2007 mittels Lizenzen genutzt, die zentral vom Freistaat Bayern für die Finanzverwaltungen der Länder beschafft wurden. Die Nutzung dieser Lizenzen ist nach Angaben des Senators für Finanzen vertraglich auf die Finanzämter bzw. die Außendienste der Finanzämter beschränkt.
Der Rechtsausschuss der Bremischen Bürgerschaft hat sich in seiner 20. Sitzung am 27. August 2025 bereits intensiv mit der Nutzung von ORBIS befasst. Die Senatorin für Justiz und Verfassung hat das aus den Kreisen der Bürgerschaftsmitglieder geäußerte Interesse an einer Testlizenz aufgenommen. Derzeit wird die fachliche Einschätzung der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft zu einem Einsatz von ORBIS eingeholt. Dies steht dem parallelen Bemühen um eine kostenlose Testlizenz zur Erprobung nicht entgegen. Eine kostenpflichtige Fortsetzung im Nachgang zu einer Erprobung bedarf der Bereitstellung entsprechender Mittel, deren Refinanzierung über die Verwendung bisher nicht verplanter Vermögensabschöpfungserträge erfolgen kann.
Die Nutzung der Datenbank ist insbesondere in Fällen international agierender Krimineller geeignet, personelle und zeitliche Ressourcen in bedeutendem Umfang einzusparen und so effizienter einzusetzen. Gerade im Immobiliensektor hat sich in Berlin der Einsatz der Datenbank bewährt.
Wer Steuern hinterzieht, eignet sich Gelder an, die der Allgemeinheit gehören und beeinträchtigt so den Staat bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Sinne der Menschen.
Vor diesem Hintergrund möge die Bürgerschaft (Landtag) beschließen:
Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
Tim Sültenfuß, Nelson Janßen, Sofia Leonidakis und Fraktion Die Linke
Dr. Hubertus-Hess-Grunewald, Mustafa Güngör und die Fraktion der SPD
Michael Labetzke, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN