Unsere politische Arbeit für
Bremen & Bremerhaven

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Die Linke und der SPD

 

 

Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum, sozialer Infrastruktur und klimaresilient gestalteten Freiräumen ist in Bremen – wie in vielen deutschen Städten – hoch. Zugleich ist der innerstädtische Raum begrenzt, und die weitere Nettoversiegelung von Bodenflächen widerspricht den Zielen des Klima-, Boden- und Ressourcenschutzes. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, bestehende Flächen effizienter zu nutzen und bislang unberücksichtigte Flächenpotenziale zu identifizieren und zu aktivieren.

Ein oft übersehener Flächentyp sind nicht überbaute, ebenerdige Parkplatzflächen – insbesondere solche, die sich in öffentlichem Besitz oder in Besitz städtischer Gesellschaften befinden, aber auch der klassische Supermarktparkplatz. Viele dieser Stellplatzflächen sind versiegelt und nehmen wertvollen städtischen Raum ein. Verglichen mit den Potenzialen dieser Flächen ist ihre Nutzung besonders ineffizient, da sie nur in der Breite, aber nicht in der Höhe stattfindet. Sie leisten keinen substanziellen Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage oder zur sozialen und ökologischen Entwicklung der Stadtteile. Gleichzeitig polarisieren mögliche Lösungen zur Ordnung des ruhenden Verkehrs. Bis der nötige Mobilitätswandel stattgefunden hat, sollten Parkflächen effizienter ausgenutzt werden. Bei einer Parkplatzüberbauung, die neben Parkflächen in weiteren Stockwerken Platz für Neues bietet, können verschiedene Ansprüche an unsere Flächen vereint werden. Es würde erhebliches Potenzial für die Schaffung von auch öffentlich gefördertem Wohnraum, Kitas, sozialen Einrichtungen, klimaangepassten Grün- und Aufenthaltsräumen, aber auch Quartiersgaragen entstehen. Im Sinne des Schwammstadt-Prinzips könnten neue Flächen und Gebäudeoberflächen zudem durch Regenwassermanagement und Begrünung einen wichtigen Beitrag zur urbanen Klimaanpassung leisten.

Als Beitrag zur gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung, zur Innenentwicklung ohne Nettoversiegelung, zur Förderung nachhaltiger Mobilitätskonzepte und zur Schaffung von Quartiersgaragen, zur Verbesserung der Lebensqualität in den Quartieren sowie als Möglichkeit, in Zeiten der Wohnungsknappheit, auch öffentlich geförderten Wohnraum zu schaffen, sollte Bremen diese verborgenen Potenziale aktivieren und unbebaute Parkplatzflächen für eine zukunftsfähige Stadt neu denken. Die Kombination aus Überbauung, teilweiser Begrünung und Integration der Regenwasserbewirtschaftung kann neue multifunktionale Räume schaffen, die Wohnen, Mobilität und Klimavorsorge verbinden und Aufenthaltsqualität fördern. Beispiele wie die klimafreundlichen „Stelzenhäuser“ mit Holzelementen aus München oder das Holz-Hybrid-Haus in Hamburg-Barmbek, in dem 24 öffentlich geförderte Wohnungen entstanden sind, zeigen, wie es geht.

Durch eine strukturierte Erhebung und Bewertung von Flächen, die Entwicklung von Pilotprojekten und die strategische Einbindung in die Stadtentwicklungsplanung kann Bremen neue Impulse für eine nachhaltige, soziale und klimaangepasste Stadtgestaltung setzen.

 

Die Stadtbürgerschaft möge beschließen:

Die Stadtbürgerschaft bittet den Senat,

 

  1. auf Grundlage einer systematischen Erhebung alle im öffentlichen Eigentum sowie der städtischen Gesellschaften befindlichen unbebauten Flächen, die aktuell als ebenerdige Pkw-Stellplätze genutzt werden, hinsichtlich ihres stadtentwicklungspolitischen Potenzials zu überprüfen. Dabei soll vorrangig das Potenzial zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, Quartiersgaragen, sozialer Infrastruktur, Hochschuleinrichtungen sowie klimaangepasster Nutzungen betrachtet werden – unter der Prämisse, dass die vorhandenen Stellplatzkapazitäten erhalten bleiben, insbesondere durch bauliche Lösungen wie Überbauungen sowie unter Berücksichtigung der jeweiligen bau- und immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen;
  1. diese Flächen hinsichtlich ihrer städtebaulichen Eignung (z.B. Lage im Quartier, verkehrliche Erschließung, vorhandene Infrastruktur, klimatische Belastung) zu kategorisieren und in eine priorisierte Entwicklungsliste zu überführen;
  1. zwölf Monate nach Beschlussfassung der städtischen Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung einen ersten Bericht im Rahmen des Baupotenzialkatasters über diese Flächenpotenziale vorzulegen, der insbesondere auch Vorschläge zur Weiterentwicklung ausgewählter Standorte enthält, einschließlich der rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine Umnutzung. Der Bericht soll auch bereits identifizierte, in Prüfung befindliche oder von städtischen Wohnungsbaugesellschaften eingebrachte Flächen enthalten, die für eine Umnutzung vorgesehen sind, einschließlich des jeweiligen Planungsstands;
  1. gemeinsam mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften, der GEWOBA, der BREBAU sowie ggf. weiteren Akteuren mindestens ein Pilotprojekt zum Erhalt von Stellplätzen bei gleichzeitiger Nachverdichtung durch Überbauung zu initiieren und kostengünstig umzusetzen;
  1. künftig im Rahmen der Flächenstrategie des Landes Bremen versiegelte Stellplatzflächen systematisch als Teil des Flächen- bzw. Entsiegelungskatasters zu erfassen und bei der strategischen Stadtentwicklung mit zu berücksichtigen;
  1. Gespräche mit Supermarktbetreibern und Eigentümern großflächiger Einzelhandelsstandorte aufzunehmen, um das Potenzial einer Überbauung vorhandener Stellplatzflächen unter Erhalt der Parkfunktion zu prüfen;
  1. der städtischen Deputation für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung zu den Beschlusspunkten 4, 5 und 6 sechs Monate nach Beschlussfassung zu berichten.

 

 

Bithja Menzel, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion Die Linke
Falk Wagner, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD