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Bremen & Bremerhaven

Ein Hund, der spielt, Wiese Hund

Antrag der Fraktionen Die Linke, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

 

Assistenzhunde ermöglichen vielen Menschen mit Behinderung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sie unterstützen im Alltag und sind als Anzeigehunde auch essentiell für die Gesundheit ihrer Menschen. Sie signalisieren gesundheitliche Notlagen und können als verlässliche Begleiter Leben retten. Diabetikerwarnhunde können den Blutzuckerspiegel eines Menschen mit Typ-1-Diabetes erkennen und signalisieren, wenn eine Unter- oder Überzuckerung droht. Epilepsiewarnhunde erkennen einen drohenden epileptischen Anfall und sorgen dafür, dass die Betroffene sich entsprechend verhalten oder können im Fall eines Anfalls andere Menschen zu Hilfe holen. PSB-Hunde (Hunde für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen wie Posttraumatische Belastungsstörung, Angststörung u.a., aber auch für Menschen im Autismusspektrum) geben mit ihrer Anwesenheit emotionalen Halt. Insbesondere bei Kindern mit Autismus fördern sie ihre Entwicklung.

Allerdings wurde erst mit dem Teilhabestärkungsgesetz vom Juni 2021 Juni 2021 (THSG) durch die neu geschaffenen Paragraphen 12e bis 12j BGG erstmals ein Rechtsanspruch für Menschen mit Behinderungen auf Begleitung durch einen Assistenzhund und Zutritt zu Einrichtungen wie Supermärkten, Restaurants und Arztpraxen geschaffen. War die Ausbildung von Assistenzhunden sowie die dazugehörige Prüfung zuvor nicht geregelt, änderte sich auch das mit dem neuen Teilhabestärkungsgesetz. Prüfung und Ausbildung wird nun durch die Assistenzhundeverordnung (AHundV) geregelt.

Diese ist zum 1. März 2023 bundesweit in Kraft getreten. Die Verordnung regelt die Anerkennung sowie die Anforderungen an die Eignung, Ausbildung, Prüfung und Haltung von Assistenzhunden. Des Weiteren sieht sie eine einheitliche Kennzeichnung aller Assistenzhunde vor, einschließlich eines Lichtbildausweises für den Menschen mit Behinderung.

In der Assistenzhundeverordnung ist festgelegt, wer Assistenzhunde ausbilden darf, welche Inhalte die Ausbildung mindestens umfassen muss (und welchen Stundenanteil) und wer die Prüfung nach welchen Regeln durchführen darf. Das Ziel ist es, dass Assistenzhunde nach bestimmten Qualitätskriterien von dazu befähigten Menschen ausgebildet und unabhängig geprüft werden sollten.
Um als Assistenzhundetrainer*in zugelassen zu werden, ist eine Zulassung und Zertifizierung durch eine sogenannte fachliche Stelle notwendig. Diese fachliche Stelle bekommt ihre Akkreditierung von der Deutschen Akkreditierungsstelle DAkkS, die durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beauftragt wurde, die Akkreditierung zu genehmigen. Gleiches gilt für eine Prüfstelle, die ihrerseits durch von ihr bestellte Auditor*innen die Prüfungen für die Assistenzhunde abnehmen darf.

Bis zur Umsetzung dieser Regelungen von der Akkreditierung der fachlichen Stelle bis zur Zertifizierung der Prüfer*innen und Assistenzhundetrainer*innen wurde eine Übergangsregelung für die Prüfung und Anerkennung von Assistenzhunden, die bereits in Ausbildung waren, getroffen. Diese Übergangsregelung endete am 30. Juni 2024, allerdings ist es bis heute nicht gelungen, die Assistenzhundeverordnung vollständig umzusetzen. Noch immer fehlt etwa die fachliche Stelle.

Seit dem Ablaufen der Übergangsregelung am 30. Juni 2024 sind demnach keine Prüfungen und Anerkennungen für Assistenzhunde mehr möglich, weil sich niemand gefunden hat, der die Akkreditierung von Ausbildungsstätten vornimmt. Eine zwischenzeitlich gefundene fachliche Stelle hat ihre Akkreditierung wieder zurückgegeben, die wenigen Ausbildungsstätten, die sich dort zertifizieren ließen, mussten die Zertifizierung zurückgeben.

Bis zur vollständigen Umsetzung der Assistenzhundeverordnung muss daher die Übergangsregelung wieder in Kraft gesetzt werden, damit zukünftig und auch die seit einem Jahr fertig ausgebildeten, aber ungeprüften Assistenzhunde-Mensch-Teams geprüft werden können. Ohne Anerkennung sind Assistenzhunde im öffentlichen Raum nur Hunde, die keinerlei rechtlich abgesicherte Zutrittsrechte oder andere Privilegien haben, auf die die Halter*innen angewiesen sind, wie z.B. kostenlose Begleitpersonen im öffentlichen Nahverkehr und Zügen, Zugang zu Schulen, Universitäten, Geschäften, Arztpraxen oder die Möglichkeit die Mitnahme des Hundes am Arbeitsplatz durchzusetzen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,

  1.  sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass bis zur endgültigen Umsetzung der Assistenzhundeverordnung AHundV und den damit einhergehenden Regelungen die bis 30. Juni 2024 geltende Übergangsregelung zur Prüfung von Assistenzhunden und ihren Assistenznehmer*innen sofort wieder in Kraft gesetzt wird und zunächst bis mindestens 31. Dezember 2026 gilt, sofern die endgültige Umsetzung der Assistenzhundeverordnung bis dahin nicht vollständig erfolgt ist. Eine Verlängerung der Übergangsregelung über den 31. Dezember 2026 wird ermöglicht;
  2.  zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, in Bremen oder in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern eine landeseigene oder regionale Anerkennung für Assistenzhunde zu etablieren, sofern die bundesweite Umsetzung der Assistenzhundeverordnung weiterhin stagnieren sollte, mit dem Ziel, sicherzustellen, dass Assistenzhunde in Bremen unabhängig von bundesweiten Engpässen geprüft und anerkannt werden können;
  3.  die staatliche Deputation für Soziales, Jugend und Integration binnen vier Monaten nach Beschlussfassung über den Fortschritt der Umsetzung zu informieren.

 

Tim Sültenfuß, Olaf Zimmer, Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion Die Linke

Holger Welt, Katharina Kähler, Mustafa Güngör und Fraktion der SPD

Sahhanim Görgü-Philipp, Dr. Henrike Müller und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN