Unsere politische Arbeit für
Bremen & Bremerhaven

Ein Hand mit Schlüsseln

Dringlichkeitsantrag der Fraktionen Die Linke, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD

 

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dient der Umsetzung mehrerer EU-Richtlinien gegen Diskriminierung und zur Durchsetzung von Gleichstellung. Es bietet in Deutschland seit 2006 Betroffenen von Diskriminierung Rechtsschutz und eine Möglichkeit, sich gegen Diskriminierung durch Arbeitgeber*innen oder private Dritte zu wehren, wenn diese gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen.

Bundesweit hat sich das AGG als ein wirksames Mittel erwiesen, das auf Landesebene durch eigene Antidiskriminierungsgesetze noch wirksam ergänzt werden muss. Allerdings sind im Gesetz selbst auch Schwächen offenbar geworden, die nur auf Bundesebene geheilt werden können. So sieht das Gesetz keinen Diskriminierungsschutz vor, sofern Eigentümer*innen weniger als 50 Wohnungen vermieten. Der Bremer Wohnungsmarkt ist neben großen Unternehmen aber stark geprägt von Vermieter*innen, die nur eine Handvoll Objekte vermieten. Zwar ist es angemessen, den Eigentümer*innen eine, abgesehen von rassistischen Diskriminierungen, freihändige Auswahl ihrer Mieter*innen zum Schutz ihrer Privatsphäre zu überlassen, wo immer die Mietwohnung das direkte Wohnumfeld der Vermieter*innen selbst ist, etwa bei Einliegerwohnungen. Dieser Fall wird aber schon durch die Vorschriften das § 19 Abs. 5 Sätze 1 und 2 umfänglich geschützt. Eine Begründung, weshalb darüber hinaus bis zu gut vier Dutzend Wohnungen noch in den Schutzbereich der Privatsphäre zählen sollen, liefert das AGG nicht. Für einen wirksamen Diskriminierungsschutz für alle Bremer*innen ist es deshalb notwendig, den § 19 Abs. 5 Satz 3 aus dem AGG zu streichen.

§ 19 Abs. 3 AGG erlaubt „eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse“. Dies kann ein Instrument gegen soziale Segregation von Quartieren sein, kann jedoch auch diskriminierend wirken. Antidiskriminierungsverbände fordern deshalb seine Streichung. Einige Wohnungsbaugesellschaften in Bremen verlosen inzwischen die Wohnungsvergabe. Die Regelung sollte deshalb im Hinblick auf Vorteile und Risiken sowie Best–Practice-Beispielen unter Einbindung von Wohnungswirtschafts- und Antidiskriminierungsverbänden erneut evaluiert werden. Die im Jahr 2016 im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vorgelegte Evaluation ist angesichts der jüngeren Entwicklungen auf dem deutschen Wohnmarkt nicht mehr aktuell genug. Erst auf Grundlage einer aktuellen Wirkungsevaluation sollte über die Streichung der Regelung entschieden werden. Schon jetzt bedarf der missverständliche Wortlaut des § 19 Abs. 3 AGG jedoch einer Klarstellung. Aus dem bisherigen Wortlaut wird nicht hinreichend klar, dass die Regelung nur für Großvermieter gilt, die zudem über ein schlüssiges Integrationskonzept verfügen müssen.

Die Bürgerschaft (Landtag) möge beschließen:

 

  1. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, sich auf Bundesebene einzusetzen für
    1. die Streichung von § 19 Abs. 5 Satz 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes;
    1. eine Klarstellung in § 19 Abs. 3 AGG, dass die Ausnahmeregelung nur für Großvermieter mit schlüssigem Integrationskonzept gilt;
    1. eine erneute Wirkungsevaluation des § 19 Abs. 3 AGG, welche zum einen das Ziel heterogener Quartiere und zum anderen den Schutz vor Diskriminierung dieser Norm auf Grundlage aktueller Daten und Erkenntnisse bewertet;
  1. Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, den staatlichen Deputationen für Mobilität, Bau und Stadtentwicklung sowie für Soziales, Jugend und Integration innerhalb eines halben Jahres nach Beschlussfassung Bericht zu erstatten.

 

Sofia Leonidakis, Nelson Janßen und Fraktion Die Linke

Sahhanim Görgü-Philipp, Bithja Menzel, Dr. Henrike Müller
und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Ali Seyrek, Falk Wagner, Katharina Kähler,
Mustafa Güngör und Fraktion der SPD